«Diesseits von Gut und Böse»: Vinologische Geheimnis­krämerei

Nr. 34 –

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Im Grunde ist ja längst alles verloren. Obwohl politische und wirtschaftliche Entwicklungen höchste Sicherheitsstandards erfordern würden, gibts kaum noch jemanden, der weiss, wie man ein Geheimnis wahrt. Es tröpfelt und seicht aus allen Löchern, bei Exbotschafter Thomas Borer sprühte es letzthin geradezu, als er öffentlich brühwarm verklickerte, was der Bundesrat dem US-Präsidenten zwecks Milderung der Zölle vorzuschlagen gedenke.

Doch bis zum 15. August gabs ein Geheimnis in Bern, das so ehern gehütet wurde wie die Koordinaten des Bernsteinzimmers: der Inhalt des bundesrätlichen Weinkellers im Von-Wattenwyl-Haus.

Schon vor rund zwei Jahren beklagte Kollegin Ruth Wysseier – Journalistin und Winzerin – in dieser Zeitung die Tatsache, dass man ihr jegliche Antwort verweigert habe, als sie aus rein professionellem Interesse bei der Bundeskanzlei nachfragte: «Kann ich den Keller besuchen? Wer ist zuständig für Einkauf und Auswahl? Wie viele Flaschen lagern dort? Gibt es eine digitale Inventurliste?» Keine Antwort – nichts – niente – rien –, was den Inhalt besagten Weinkellers zwangsläufig noch viel interessanter machte. Auch für andere Journalist:innen.

Doch alle erhielten die gleiche knappe Antwort: Welche Weine eingekauft und bei welchen Gelegenheiten serviert würden, unterliege nicht dem Öffentlichkeitsgesetz, das entschieden die Bundeskanzlei, die Bundesrät:innen sowie das Protokoll. Nachdem auch ein Schlichtungsversuch mit dem Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragten gescheitert war, wandte sich ein Journalist von RTS ans Bundesverwaltungsgericht – und bekam recht!

Laut srf.ch wurde die Bundeskanzlei dazu verurteilt, die bei Bestellungen anzugebenden Informationen offenzulegen, ebenso die Weinliste Ende Dezember 2023 sowie das Budget für die Jahre 2019 bis 2023. Besonders interessant dürfte die Richtlinie sein, gemäss der Personen, die zu Auswahl, Bestellung und Verwendung der Weine berechtigt sind, ausgewählt werden. Ohne Personensicherheitsprüfung ging da sicher gar nichts.

Nun kann man sich drüber ärgern, dass da wieder massig Steuergeld in einem Fass versenkt wurde. Doch mehr noch drängt sich die Frage auf, was da eigentlich verborgen werden sollte. Vielleicht werden die Weine ja auch zu volatilen Fixpreisen eingekauft.