Im Affekt: Kein Witz in der Leitung

Nr. 49 –

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Der Sommer, das haben wir in der Schule im Singunterricht gelernt, kommt lachend über das Feld. Warum der Sommer lacht, das haben wir uns beim Singen tatsächlich nie gefragt. Wir fanden vor allem dieses «Hahaha» im Lied lustig und pressten es möglichst laut heraus.

Rausgepresst klingt auch das «Hahaha» auf dem Lachtelefon, das es nach Deutschland und Österreich nun auch in der Schweiz gibt. «Lachen und Lebensfreude – ganz einfach am Telefon», so lautet der Slogan auf der Website. Betrieben wird die Schweizer Nummer von zwei Lachyogalehrern. Gab es früher in Schweizer Bankfilialen für Kinder das Märchentelefon, an dem sie Märchen lauschen konnten, während die Eltern am Schalter beschäftigt waren, gibt es heute also das Lachtelefon für Gross und Klein.

Doch wer meint, man bekomme dort nun einen Witz oder eine lustige Anekdote zu hören: Irrtum. Beim Anruf landet man auf einem Telefonbeantworter, auf dem eine Frauenstimme erklärt: «Das Lachtelefon ist aus dem Lachyoga heraus entstanden. Eine Methode, bei der jeder und jede ohne Witz lachen kann.» Und dann wird die Anruferin auch gleich angeleitet: «Wir lachen jetzt gemeinsam, einfach so, ohne Witz und Comedy. Also: tief einatmen und lachend ausatmen.» Anschliessend lachen einem drei Frauenstimmen penetrant ins Ohr, in unterschiedlichen Stimmlagen, und hören nicht mehr auf. Nur Aufhängen bringt Ruhe.

Nichts gegen Lachen. Lachen ist etwas Wunderbares. Und ja, Lachen ist auch gesund: Laut Studien sollen durch Lachen Stresshormone gesenkt und Endorphine freigesetzt werden. Doch das Telefonat lässt einen eher deprimiert als erheitert oder gestärkt zurück. Dies, weil es einem das ganze tragische Ausmass vor Augen führt: Das Problem ist nicht, dass zu wenig gelacht wird. Sondern dass es zurzeit einfach keine Gründe zum Lachen gibt.

Wie sang Georg Kreisler: «Wenn ihr lachen wollt, blickt auf die Sterne, auf die Hand, auf den Hund, auf den Hut / Blickt auf jeden Fall weit in die Ferne, denn sonst ist euch nach Weinen zumut.»