Im Affekt: Schwermut auf dem Sonnendeck

Nr. 8 –

Lachen über Reiche im Luxusresort? Ja bitte, sagten viele im zweiten Jahr der Coronapandemie – und beförderten die HBO-Serie «The White Lotus» zum weltweiten Hit. Die emotionale Grundlage des Erfolgs war Schadenfreude. Man darf annehmen, dass auch der Triumph von Ruben Östlunds Film «Triangle of Sadness» (Lachen über Reiche auf dem Kreuzfahrtschiff) oder der Serie «The Perfect Couple» (Kopfschütteln über Reiche im Sommerhaus) auf der Bugwelle ähnlicher Ressentiments gedieh.

Weiterer gemeinsamer Nenner: Es geht hier um eine für alle Beteiligten weitgehend gemütliche Variante des Klassenkampfs. Das Publikum liegt mit dem Laptop auf der Couch und ergötzt sich an der Dummheit, den Missgeschicken und Abgründen der Elite auf ihren Liegestühlen. Die Streamingplattform macht mit dem Reichenbashing Kasse, und die Schauspieler:innen haben zur Gage ihr gesellschaftskritisches Feigenblatt. Nebenher reist das gemeine Volk am Bildschirm mit nach Hawaii, Sizilien oder – in der neusten Staffel von «White Lotus» – an den Golf von Thailand. Die Kulissen sind allerdings austauschbar, Luxus sieht überall ähnlich aus. Unterdessen wirkt auch das Konzept etwas abgegriffen, wie immer, wenn eine tipptoppe Idee zweimal zu oft ausgewalzt wird.

In der dritten Auflage von «White Lotus» sind die Pointen entsprechend dünn gesät, die Stimmung für eine Komödie arg düster: Suizidgedanken, Inzest und traumatische Kindheitserlebnisse plagen die Hautevolee am Pool. Witzig ist auf jeden Fall die von Parker Posey routiniert schrullig verkörperte Unternehmergattin, die für ihre entspannende Massage eine Beruhigungspille einwerfen muss und das Wort «poor», also «arm», so verzerrt ausspricht, dass es wie ein obszöner Fluch klingt. Ihr doofer Sohn Saxon wird von Patrick Schwarzenegger (dem Sohn Arnolds) gespielt: eine Entdeckung. Und dass der ganze teuer erkaufte Erholungsapparat mit Spabehandlungen, Digital Detox und Meditation am Fischteich wie eine Hölle für sich wirkt, hat durchaus auch seinen Reiz.

Gut möglich, dass den «White Lotus»-Macher:innen die Witze auch deshalb ausgingen, weil heute nur allzu reale Superreiche wie Elon Musk die Welt vor sich hertreiben.