LeserInnenbriefe: Gescheiterte Ruag

Nr. 39 –

«Ruag: Löschen statt anzünden», WOZ Nr. 37/2019

Ziemlich genau nach zwanzig Jahren ist das Experiment Ruag, nun auch noch für jedermann ersichtlich, definitiv gescheitert. Dieses Experiment wird gemäss der bundesrätlichen Medienkonferenz vom 18. März per Ende dieses Jahres abgebrochen.

Für Insider und Kenner der Ruag ist diese Entwicklung nicht überraschend. Überraschend ist eigentlich nur, dass es überhaupt so lange gedauert hat, bis endlich die Notbremse gezogen wurde.

Die Vorstellungen und Wünsche, die man vor zwanzig Jahren, zum Zeitpunkt der Gründung der Ruag, hegte, dass nämlich eine kommerziell erfolgreiche Ruag mit ihren Gewinnen die Wartungskosten für das VBS würde senken können, haben sich definitiv nicht erfüllt.

Im Gegenteil, einige der sogenannt kommerziellen Aktivitäten der Ruag sind zu einer grossen Last für den Eigner und das VBS geworden. Quersubventionen hat es zwar offensichtlich gegeben, aber eben nicht in der Richtung, die man sich beim Bund erhofft hatte.

Diesbezüglich fehlt allerdings bis heute die nötige finanzielle Transparenz, die das Management der Ruag dem Eigner partout nicht gewähren wollte. Ein spezieller Höhepunkt diesbezüglich war sicher der Auftrag der Ruag an einen Universitätsprofessor, zu beweisen, dass der Eigner kein Recht habe, in die Finanzbücher der Ruag zu schauen.

Als Staatsbürger und Steuerzahler (und damit auch kleiner Teileigner der Ruag) hoffe ich doch sehr, dass die zurzeit bei der EFK laufenden Untersuchungen durch diesen Bundesratsentscheid nicht eingestellt oder sogar abgebrochen werden. Für jegliche zukünftige Entscheidungen brauchen wir eine vollständige finanzielle Transparenz bezüglich dessen, was in den letzten fünf bis zehn Jahren bei der Ruag tatsächlich abgegangen ist.

Frau Bundesrätin Viola Amherd wird mit der Trennung des VBS-Geschäfts vom Rest der Ruag mit Sicherheit Kosten sparen können, und dies, selbst wenn diese neue Organisation namens MRO Schweiz nicht nur rein kostendeckend geführt werden sollte.

Für den kommerziellen Teil namens Ruag International sieht man offensichtlich beim Bund nur noch die Möglichkeit, diesen als Ganzes oder in Teilen zu verkaufen. Ein organisches Wachstum, aus eigenen Kräften, scheint man von Anbeginn weg auszuschliessen. Man glaubt offensichtlich einfach nicht mehr an diese Möglichkeit. Die letzten zwanzig Jahre haben ja deutlich gezeigt, dass das Wachstum der Ruag praktisch ausschliesslich auf dem Zukauf von weiteren Firmen beruhte.

Angesichts dieser Tatsache will man nun versuchen, die zu verkaufende Braut mit finanziellen Mitteln (die nicht aus dem VBS stammen) noch etwas aufzubrezeln. Dazu wurde angekündigt, dass die Cyberfirma Clearswift und die Ruag Ammotec (die, wenn ich mich richtig erinnere, bis anhin immer wieder als für die Schweiz kriegsrelevant bezeichnet wurde) verkauft werden sollen.

Ob dieser eine Schritt, gewisse Firmen aus dem Ruag-Portfolio zu verkaufen, tatsächlich die Attraktivität der Ruag International genügend steigern wird, bezweifle ich persönlich doch sehr stark.

Technologiefirmen, die man erfolgreich auf dem Markt oder an der Börse verkaufen kann, verfügen in der Regel über eigene, finanziell erfolgreiche Produkte, Technologien oder Dienstleistungen, sogenannte USPs (unique selling points), etwas, was auf die im Entstehen begriffene Ruag International nur in sehr beschränktem Masse zutrifft.

Thomas K. Schilliger, Arbon

(Dipl. Ing. ETH, ehemaliger Leiter des Ruag Aviation Business Center «Military Aviation Germany & Dornier Do-228» in Oberpfaffenhofen, Deutschland)