Im Affekt: Satire für Schneeflöckchen

Chapeau, Jan Böhmermann! Hatte der deutsche Comedian mit seinem «ZDF Magazin Royale» zuletzt eher investigativ (NSU-Akten, Anthroposophie) Aufsehen erregt, bewies er nun, dass er auch ansonsten noch die richtigen Knöpfe zu drücken versteht. Übers Wochenende diskutierte man seinetwegen einmal mehr aufgekratzt die «Grenzen der Satire».
Böhmermann hatte ein an die RAF-Zeit erinnerndes Fahndungsplakat veröffentlicht, auf dem neben dem deutschen Finanzminister eine Reihe rechtsliberaler Publizist:innen zu sehen waren. Auf Twitter herrschte daraufhin Empörung, obgleich man einigen der Abgebildeten tatsächlich staatsfeindliche Ressentiments vorwerfen könnte – dem Elon-Musk-Fangirl Anna Schneider etwa, einer Springer-Journalistin, die Steuern für «Raub» hält und Gleichstellung «schon fast» ekelhaft findet, wie sie jüngst im «Tagi» bekannte. Trotzdem wurde dem Satiriker «geistige Brandstiftung» attestiert: «Welt»-Chefredaktor Ulf Poschardt witterte gar einen Vorgeschmack auf die jakobinischen Exzesse, die drohten, «wenn das juste milieu irgendwann so richtig an die Macht kommt».
Aber gemach: Schon vor der Auflösung in der Show hatte sich erraten lassen, dass es Böhmermann darum ging, die Kampagne gegen Klimaaktivist:innen aufs Korn zu nehmen. Die Rede von der «Klima-RAF» ist ja mittlerweile gang und gäbe, was auch dem in der Sache sehr eifrigen Springer-Konzern zu verdanken ist. Der plötzlich sehr empfindliche Poschardt macht sich zudem schon lange einen Spass daraus, «woke» Aktivist:innen als quasi-islamistische Terrorbande zu verunglimpfen.
Umso deprimierender, dass ausgerechnet die «taz» befand, Böhmermanns Aktion sei «eine gar nicht lustige Verharmlosung der RAF». Das ist nun wirklich ein «scheissbourgeoises» (Andreas Baader) Argument, hatte doch der ZDF-Satiriker gerade vorführen wollen, dass man noch den irrsten Vergleich ziehen kann, wenn man nur lang genug spintisiert. Eine der Grenzen der Satire liegt wohl schlicht da, wo Rezipient:innen partout nicht verstehen wollen, worum es ihr überhaupt geht.
Die NZZ findet übrigens, man solle Böhmermann schleunigst privatisieren: eine Bestrafungsfantasie von urliberalem Geist!