Leser:innenbriefe

Nr. 6 –

Ersatzreligiös

«Wokeness-Wahn: Im Land der Nebelkerzen», WOZ Nr. 5/23

Die WOZ bringt mit «Woke» ein aktuelles Thema auf den Tisch. Dieses wird von links und rechts bearbeitet. Wenn die WOZ diesem Begriff im Kontext der SVP zu Recht eine «ersatzpolitische» Konnotation gibt, ist dies richtig; die WOZ erscheint mir (langjähriges SP-Mitglied und ehemaliger Mandatsträger) indes blind auf dem einen Auge. So wie «Woke» auf links-grüner Seite teilweise interpretiert und verkündet wird, kommt es als «ersatzreligiöse» Bewegung daher. Mit guten Gründen warnt die NZZ vor Übertreibungen – richtig gemeint auf beiden Seiten.

Bruno Roelli, Luzern

Es ist unverständlich, dass die SVP in Zeiten der Klimabedrohung, der Stromkrise und des Ukrainekriegs nichts Besseres weiss, als Genderstern und Woke-Bemühungen nicht nur abzulehnen, sondern in ihrem Parteiprogramm zu einem Hauptthema zu machen und es aufwendig zu bekämpfen. Nicht mehr nur unverständlich, sondern ungerecht ist, dass die SVP-Nationalrätin Esther Friedli im zitierten Interview sogar Essempfehlungen als religiös-fanatisch mitnennt. Gemeint ist das Abraten von Tierprodukten, um empfindsame Leben zu retten. Die Aufforderung, pflanzlich zu essen, ist nämlich absolut nichts Religiös-Fanatisches. Es geht wirklich nur darum, ein Unrecht zu korrigieren. Das Unrecht, etwas zu nehmen, was einem nicht gehört.

Renato Werndli, Eichberg

Umstrittener Schuldienst

«Durch den Monat mit Nadine Bühlmann: Müssen Sie schon auf Chat GPT reagieren?», WOZ Nr. 5/23

Über das Interview mit Nadine Bühlmann habe ich mich unglaublich gefreut. Hinter ihrer Haltung und ihrer Meinung zum Lehrplan 21 stehe ich als pensionierte Schulleiterin und Lehrerin voll und ganz. Offensichtlich weiss diese Frau nicht nur, was die Kinder wirklich brauchen, sie weiss auch, wie der Unterricht dazu gestaltet werden kann. Dies zu einer Zeit, wo das Beste an unseren Schulen, die Kindergärten, anfangen, sich der scheinbaren Bequemlichkeit von Arbeitsblättern hinzugeben. Ich freue mich auf die Fortsetzung.

Susanne Carrard, Gelterkinden

Vierzig Jahre war ich im Schuldienst, als Primarlehrerin und Schulleiterin. Wie der Redaktor das Interview führt, finde ich oberflächlich und unbedarft. Mir gefällt, wenn im Schulzimmer viele Sachen herumstehen, sie geben den Kindern Anregungen. Die Welt hat sich geändert, da muss sich auch die Schule ändern, und zwar nicht mit Papier und Computern, sondern mit realen Gegenständen, mit Interaktionen und Beziehungen eins zu eins.

Leider ist die Volksschule in den letzten Jahrzehnten heruntergespart worden, Politik und viele Eltern verstehen die Bedeutung der Bildung für die menschliche Entwicklung nicht. Schule ohne Selektion wäre anzustreben. Beim Interview sollte der Redaktor nicht an seine eigenen Erfahrungen in der Schule denken, aber offene Augen und Ohren für das Leben in der Schule heute aufbringen.

Regula Keller, per E-Mail