Affekt: Angeheizter «Blick»

Nr. 11 –

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Die Gewerkschaften sind sehr verärgert, weil der Nationalrat Arbeitnehmer:innenrechte im Homeoffice verschlechtern will. Noch aber hat Homeoffice einige unschlagbare Vorteile – vor allem wenn man beim «Blick» arbeitet. Dort scheppert neuerdings jeden Morgen, immer genau um 8.55 Uhr, Musik durch den Newsroom an der Dufourstrasse, ausgewählt von «Blick»-Mitarbeiter:innen.

Viel zu ruhig sei es davor im Newsroom gewesen, fand laut dem Medienportal «Persönlich» «Blick»-Managerin Steffi Buchli – offenbar keine Freundin des konzentrierten Arbeitens. Sie habe deshalb vor der morgendlichen Redaktionssitzung «die Stimmung mit fünf Minuten Spassbeschallung anheizen» wollen, so Buchli in ihren eigenen Worten. Die Reaktionen darauf fielen dem Vernehmen nach gedämpft aus.

Plant, wer seine Leute so nervt, vielleicht schon eine neue Entlassungswelle? Die Quatschidee passt jedenfalls ins Bild. Unter Buchli, die öffentlich vor allem mit Kryptoinvestments im Nebenerwerb auffiel, hat die politische Publizistik stark nachgelassen. Liveticker und Aufreger aus Social Media statt Analysen und eigener Recherchen. Gute Journalist:innen sind geflüchtet, Ersatz wurde kaum gefunden. Dafür gibts jetzt halt «Spassbeschallung».

Kürzlich trug sich in die Liste des «Blick DJ of the Day» der Chief Digital & Distribution Officer Sandro Inguscio ein, hinter dessen aufgeblähtem Jobtitel sich der Verantwortliche des stimmungstoten Newsrooms verbirgt. Inguscio wählte einen dampfigen Housetrack namens «Move» vom deutschen DJ-Kollektiv Keine Musik. «Motivierend, beruhigend, animierend, träumerisch» sei dieser Titel, begründete Inguscio seine Wahl blumig in der internen Ankündigung: «Der Song kann alles!» Selten sei ein Song on Repeat so gerechtfertigt gewesen. Der Titel lief dann nicht on Repeat, er lief überhaupt nicht. Technische Probleme verhinderten die Ausstrahlung. Wenigstens eine Verschnaufpause für die geplagte «Blick»-Belegschaft.

Subversiver Protest gegen den Stimmungszwang ist möglich. Einfach als «Blick»-DJ «I Want to Break Free» von Queen oder irgendwas von Rage Against the Machine laufen lassen.