Leser:innenbriefe

Nr. 35 –

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Berührend

«Zweiter Weltkrieg: Verdrängen und Erinnern am Rhein», WOZ Nr. 34/25

Text und Fotos haben berührt. 1943 im Rheintal geboren, erhielt ich wenig Kenntnis von diesen Geschichten. Dank WOZ ist der Denkhorizont erweitert.

Marga Schmid, Zürich

Kollapspolitiken

«Klimakrise: Die neue Realität des Sommers», WOZ Nr. 34/25

Der Mensch eine Spezies unter all den anderen. Nichtmenschen passen sich mit der Fortpflanzung an die begrenzten Ressourcen an, ihre Zahl reduziert sich durch Nahrungsmangel oder Krankheiten. Die Menschen, die sich allen anderen Spezies überlegen fühlen, scheinen nicht in der Lage, durch Denken, globale Absprachen und Schutz von Ressourcen das Überleben ihrer Spezies und ihrer kulturellen Errungenschaften zu ermöglichen. Gut oder schlecht? Augen zu und durch, «Gring abe u seckle», die jetzige Strategie tönt nach Selbstmord in Schritten.

Nicht nur die Politik, sondern die meisten von uns allen machen einen erbärmlichen Eindruck. Schon mal etwas gehört vom Phänomen «Feuchtkugeltemperatur»? In einem Roman von Kim Stanley Robinson findet es in Indien statt – aber es rückt stetig in die einst gemässigten Zonen vor.

Christina Dolderer, per E-Mail

Die Schlussfolgerung des an sich guten Artikels zeigt einmal mehr, wie hilflos wir linken Ökos uns am Strohhalm einer magischen Erzählung festklammern. Es ist die Erzählung des Klimaschutzes, und sie geht so: Klimapolitische Massenmobilisierungen im Verbund mit institutioneller Politik führen im demokratischen Prozess dazu, dass weniger fossile Energieträger verheizt werden und das Treibhaus sich weniger stark erhitzt, sodass wir am Ende vor dem Klimakollaps gerettet werden.

Leider wird das nicht passieren. Die Klimabewegung hat ihren Zenit überschritten, und dies nicht nur wegen Corona. Die Mehrheitsgesellschaft inklusive ihrer politischen Repräsentanz hat sich gegen Klimaschutz entschieden. Sie hat realisiert, dass Klimaschutz wirtschaftlich teuer und psychologisch-emotional eine haarsträubende Zumutung wäre. Effektive Klimapolitik bedeutete eine radikale Abkehr von der fossilen Grundstruktur des modernen Lebens in Wohlstandsländern wie der Schweiz. Eine Bevölkerungsmehrheit, und eben nicht nur das obere 1 Prozent, hat ein materielles Interesse daran, dass der fossilkapitalistische Motor weiter brummt, weil sonst … gibt es kein «easy life» mit Massenkonsumgütern und Hypermobilität mehr – stattdessen Zusammenbruch der Wachstumswirtschaft und soziale Unsicherheit. Reformistische (Pseudo-)Klimapolitik will diese Grundstruktur nicht antasten. Und weil die Lohnabhängigen strukturell tief im fossilkapitalistischen System verankert sind, wird es auf absehbare Zeit auch kein revolutionäres, ökosozialistisches Subjekt geben. Der Klimakollaps hat begonnen und wird die sozialen Widersprüche zuspitzen. Aber die kommenden Katastrophen werden einen strategischen Raum für solidarisches Handeln öffnen. Anstatt von Massenprotesten zu träumen, wäre es womöglich sinnvoller, sich aus linker Perspektive mit Kollapspolitiken auseinanderzusetzen.

Markus Schär, per E-Mail

Im Zusammenhang mit dem klimaschädlichen Flugreisendenrekord am Airport ZH lese ich: «Womit hier nicht gesagt sein soll, dass es an jedem Einzelnen liegt.» Dass der kluge Redaktor das Wörtchen «nur» oder ein präziseres «ausschliesslich» vor dem «an» vergessen haben könnte – nein, das kann ich mir nicht vorstellen.

Wolfgang Beywl, per E-Mail