#digi: Gib mir deinen Schlüssel!

Nr. 5 –

Der europäische Angriff auf die Verschlüsselung digitaler Kommunikation geht in die nächste Runde. Rechtzeitig zum Tag des Datenschutzes am 28. Januar äusserte sich die schwedische EU-Innenkommissarin Ylva Johansson ambivalent zu den Plänen, Hintertüren für Verschlüsselungstechnologien zu verlangen. Man wolle Verschlüsselung nicht verbieten oder generell schwächen, doch man prüfe «mögliche rechtliche, operative und technische Lösungen für den rechtmässigen Zugang zu solchen Daten».

Noch ist nichts entschieden. Doch die EU gesellt sich damit zu den USA, Kanada, Grossbritannien und Australien, die alle vor den «Gefahren durch Verschlüsselung» warnen. Es ist die Angst vor der «Dunkelheit» der verschlüsselten Kommunikation – wie sie bei den meisten Messenger-Diensten mittlerweile Standard ist –, in die der Staat selbst mit Massenüberwachung kein Licht bringen kann.

Zwar sind die Ziele der Terrorismusabwehr oder der Bekämpfung von sexuellem Missbrauch von Kindern nobel. Doch gibt es die von der EU ersehnte Balance zwischen «Sicherheit durch Verschlüsselung» und «Sicherheit trotz Verschlüsselung» nicht. Wer Hintertüren in Verschlüsselungstechnologien einbaut, unterwandert die Privatsphäre aller. Denn eine technische Schwächung durch Hintertüren würde die Verschlüsselung gänzlich zersetzen.

Entsprechend alarmiert sind verschiedene europäische Technologieunternehmen, die sich eine starke Ende-zu-Ende-Verschlüsselung auf die Fahnen geschrieben haben. In einer gemeinsamen Erklärung kritisierten Threema, Protonmail, Tresorit und Tutanota die Pläne der EU: «Ende-zu-Ende-Verschlüsselung ist absolut, Daten sind entweder verschlüsselt oder nicht.» Der aktuelle EU-Entwurf zeuge von einem eingeschränkten technischen Verständnis und würde das Vertrauen in Verschlüsselung untergraben.

«Dies ist nicht das erste Mal, dass wir eine verschlüsselungsfeindliche Rhetorik aus einigen Teilen Europas hören», meint Andy Yen, Gründer des in Genf beheimateten E-Mail-Diensts Protonmail. «Ich bezweifle, dass es das letzte Mal sein wird. Daher ist es umso wichtiger, dass jetzt Schritte unternommen werden, um diese Vorschläge zu unterbinden.»