Im Affekt: Endlich wieder Hetero­optimismus!

Nr. 46 –

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Ein Glück, gibt es Zohran Mamdani, der letzte Woche erfreulicherweise zum New Yorker Bürgermeister gewählt wurde und nun für fast alle Hoffnungen links der Mitte herhalten muss. «Is there still hope in dating apps?», fragt die «Vogue» und antwortet mit einem euphorischen Ja – schliesslich hätten sich Mamdani und seine Frau Rama Duwaji über die App «Hinge» kennengelernt. Anfang Jahr haben sie geheiratet.

Das gleiche Magazin hatte nur eine Woche zuvor gefragt, ob es heute peinlich sei, einen festen Freund zu haben. Seit einigen Jahren zirkuliert der Begriff des «Heteropessimismus», also die vor allem bei Frauen verbreitete Vermutung, Heterobeziehungen nicht glücklich, geschweige denn gleichberechtigt führen zu können. Dank Mamdani können «Vogue» und Konsorten nun aufatmen: «Keep swiping, ladies», fordert ein viraler Post: Heterooptimismus!

Die deutsche Schriftstellerin Paula Irmschler hat diese Woche in einem Post darauf hingewiesen, wie unpolitisch die Diskussionen um peinliche Boyfriends und alleinstehende Frauen oft geführt werden: «Dump him», wie ein weiterer Social-Media-Trend fordert? In der Realität nicht immer leicht. Natürlich habe das mit Klasse zu tun und mit den Strukturen, in denen wir alle steckten – gerade auch, wenn wir uns verlieben. Frei zu entscheiden, von wem man sich abhängig machen will, ist schliesslich auch eine Frage von Privilegien.

Mamdani und Duwaji sind derweil schlau genug, wenig über ihre Beziehung preiszugeben. Die Hoffnung, die sie angeblich schüren, hat also vor allem etwas mit Projektion zu tun – jener schönen menschlichen Fähigkeit, ohne die Dating-Apps gar nicht erst funktionieren würden. Was immerhin etwas aussagt über den überbeanspruchten, politisch eher zahnlosen Hoffnungsbegriff: Wenn wir nur lang genug in einer idiotischen Situation verharrend weiter swipen, wartet am Ende womöglich ein Mamdani auf uns.

Natürlich gibt es auf Dating-Apps tolle Leute. Wie den jungen Mann, der sich gut mit meinen Eltern verstehen könnte. Schreib mir bitte mal zurück!