Pop: Kein Sektempfang für KKS
Projekt ET aus Wil sind in der Rapszene spätestens seit ihrem humorvoll-gesellschaftskritischen Auftritt am SRF-«Bounce Cypher» 2023 kein Geheimtipp mehr. Nun melden sich die Rapper Epik und Takle sowie DJ Tr11sh mit ihrem dritten Album «Eskapade & Tumult» zurück – oder, wie sie selbst sagen: «Endlich wieder Battlerap mit Haltung.»
Auf dem Album zeigt sich, was Projekt ET ausmacht: klassenbewusster Rap aus einer Ostschweizer Kleinstadt, verbunden mit Gesellschafts- und Selbstkritik, Humor und einer Prise Hedonismus – und stets mit einem feinen Gespür für Sprache. In Tracks wie «Grauzone» oder «Türspion» zeigen sich die beiden Rapper für ihre Verhältnisse ungewohnt verletzlich, ohne die ironische Distanz aufzugeben. Die düsteren und zugleich antreibenden Beats verleihen dem Album Tiefe und Ernsthaftigkeit.
Bei Projekt ET sitzt jede Zeile. Etwa wenn sie Privilegien hinterfragen: «Wie riich muess mr sii, um vor de Juso Angst z’ha?» Am spannendsten ist «Eskapade & Tumult», wenn es um die eigene Herkunft geht. Projekt ET erzählen vom Aufwachsen im konservativ geprägten Wil, das zwischen Selbstzufriedenheit und Lethargie pendelt. Zeilen wie «Hie isch mr zfride mit de Volkspartei» oder «Chasch dini queere Friends z Züri bsueche» erzählen vom Leben dort, wo der Fortschritt am Stammtisch vergessen geht. Doch Projekt ET bleiben ihrer Stadt treu – ihr Album taufen sie wieder im ausverkauften «Gare de Lion», dem wohl wichtigsten Kulturlokal in Wil.
Wenn Projekt ET von KKS rappen, meinen sie nicht etwa ihren deutschen Kollegen King Kool Savas, sondern die Bundesrätin Karin Keller-Sutter. Diese stammt selber aus Wil, doch sind hier eben nicht alle stolz auf die rechte Politikerin: «Es gid e Sektempfang für d KKS ... Spass, niemmer da grüesst KKS.» Schweizer Rap braucht Stimmen wie Projekt ET: Mit ihren düsteren Beats und pointierten Zeilen, sei es politisch, humorvoll oder reflektiert, treffen sie einen Nerv.