Was tun?: Macht die UBS zur Migros!

Nr. 48 –

Wie kann die marode UBS saniert und die Finanzkrise langfristig überwunden werden? In erster Linie gilt es, die Spekulation zu bändigen.

Spekulationsblasen sind das Markenzeichen der ständig wiederkehrenden kapitalistischen Krisen. Die Blasen entstehen, weil SpekulantInnen die Börsenkurse so weit hochtreiben, dass sie nicht mehr in Bezug zur Entwicklung in der Realwirtschaft stehen. Die wenigen BörsenspielerInnen, die rechtzeitig ihre Titel abstossen, machen dabei gigantische Gewinne, die letzten beissen die Hunde.

Das unausweichliche Platzen solcher Blasen verursacht jedes Mal enorme Kosten, die nur noch vom Staat, also der Bevölkerung aufgefangen werden können. Der grosse Teil dieser Kosten besteht in der Regel aus Finanzspritzen für private Banken, die für das Kredit- und Zahlungssystem eines Landes so bedeutend sind, dass ihr Bankrott die ganze Wirtschaft in den Abgrund reissen könnte. Das ist auch bei der UBS der Fall.

Der Zwang zur Staatshilfe hat bei solchen Grossinstituten zu einem gefährlichen Hochrisikoverhalten in der Wertschriftenspekulation geführt. Wenn der Staat einfach Geld gibt, aber nichts Grundsätzliches ändert, beginnt der Spekulationskreislauf von neuem, und nach einigen Jahren kommt es wieder zu einem Crash. Die derzeitige Politik der Nationalbank, des Bundesrates und der bürgerlichen Parlamentsmehrheit läuft genau auf dieses Szenario hinaus.

Mittel- und langfristig bringt das aktuelle Schweizer Krisenmanagement nichts. Allerdings ist Nichtstun auch keine Alternative. Um den destruktiven Spekulationszyklus innerhalb der UBS zu brechen, muss die Bank reorganisiert werden. Die Risiken im spekulativen Eigenhandel müssen künftig ohne Rückgriff auf den Staat getragen werden können. Gleichzeitig könnte eine solche Umgestaltung auch einen Beitrag gegen die systematische Beihilfe zur Steuerhinterziehung leisten, die der UBS zurzeit von der US-Justiz vorgeworfen wird.

Das Trennbankensystem

Zur Reorganisation der UBS liegen bereits verschiedene Vorschläge auf dem Tisch. Eine Möglichkeit wäre, dass man die Aktiengesellschaft zwangsweise in eine Genossenschaft umwandelt. Der Shareholder-Druck, die Profitraten immer höher hinaufzutreiben, würde so wegfallen. Die Beispiele von Migros und Coop beweisen, dass auch grosse Betriebe als Genossenschaften erfolgreich bestehen – und sich sogar für fairen Handel und ökologische Produktion einsetzen können. Eine andere Variante wäre die Verstaatlichung der UBS. Allerdings sind BankdirektorInnen, die von der Politik eingesetzt werden, keine GarantInnen für nachhaltiges Wirtschaften. Die Bankenverstaatlichung durch den französischen Staatspräsidenten François Mitterand von 1981 ist ein eher abschreckendes Beispiel.

Wichtig ist, dass die Spekulation der Grossbanken gebändigt wird. Dies kann durch eine gesetzliche Trennung der Investmentbanken und Hedgefonds von den Geschäftsbanken erreicht werden. In einem solchen Trennbankensystem dürften nur grosse Geschäftsbanken, nicht aber BörsenspekulantInnen auf eine faktische Staatsgarantie hoffen.

Zusätzlich dämpfen müsste man die Spekulation durch die massive Einschränkung des Derivatehandels. Die sogenannten Credit Default Swaps etwa haben durch ihre Unberechenbarkeit die Krise stark verschärft. Solche Produkte sind zu verbieten. Nur schon aus ethischen Gründen sollte man zudem Nahrungsmittelderivaten den Riegel schieben. Auch sollten Derivate nur noch an den Börsen gehandelt werden dürfen, was die Übersichtlichkeit erhöhen würde. Ausserdem ist der maximale Verschuldungsgrad der einzelnen Banken stärker zu begrenzen und sind die Boni für BankmanagerInnen einzuschränken.

Superblase, Megacrash

Für alle Finanzkrisen gilt: je grösser die geplatzte Blase, desto grösser die Gefahr der Übertragung des Schocks auf die Realwirtschaft. Aus kleinen oder mittleren Blasen – wie jenen von 1987, 1998, 2002 – resultierten keine oder milde Rezessionen. Aus der geplatzten Superblase von 1929 dagegen entstand eine schwere Weltwirtschaftskrise. Alle Anzeichen deuten darauf hin, dass auch auf den jetzigen Megacrash im Finanzsektor eine grosse weltweite Rezession folgt.

Die Krise auf dem Finanzmarkt wird vor allem dadurch auf die Realwirtschaft übertragen, dass das kleine und mittlere Gewerbe wie auch die grosse Industrie nur noch mit Mühe Kredite von den Banken erhalten. Ohne Zugang zu Krediten, die sie zur Vorfinanzierung der Produktionskosten brauchen, können die Unternehmen ihre Arbeitsplätze nicht erhalten und schon gar keine neuen schaffen. Weil private profitstrebige Banken infolge ihrer Börsenverluste immer risikoscheuer werden, kann der Zugang von Industrie und Gewerbe zum Kredit nur durch die Stärkung des nicht nach Maximalprofit strebenden Staatsbankensektors sichergestellt werden. Als Sofortmassnahme wäre folglich eine volle Banklizenz für die staatliche Postfinance angebracht.


Die Fehler der Nationalbank

Es ist paradox. Jahrzehntelang verkündeten die neoliberalen DereguliererInnen, dass bankrotte Unternehmen nicht mit Staatssubventionen künstlich am Leben erhalten werden dürften. Und heute weiss die stark von neoliberalem Gedankengut beeinflusste Nationalbank nichts Besseres zu tun, als die völlig heruntergewirtschaftete UBS mit immer mehr Staatsgeld vor dem Konkurs zu bewahren. Obwohl diese gescheiterte US-amerikanisch-singapurisch-saudisch-schweizerische Bank heute ohne erkennbare Strategie, ohne glaubwürdige Führung und ohne neue private Schweizer KapitalgeberInnen dasteht, soll sie um jeden Preis gerettet werden.

Die Nationalbank versucht mit ihrem Krisenmanagement primär, etwas Gescheitertes zu bewahren, und gewichtet die Interessen der UBS-AktionärInnen höher als die Interessen des Wirtschaftsstandortes Schweiz. Dies ist ein kapitaler Fehler – der grösste seit der berüchtigten Nazi-Raubgold-Hehlerei im Zweiten Weltkrieg.

Wie die Geschichte lehrt, bringt es in Finanzkrisen nichts, kriselnden privaten Banken immer mehr Geld der öffentlichen Hand nachzuwerfen. Unlimitierte staatliche Kapitalspritzen wie im Falle der UBS, wo bereits das zweite Hilfsprogramm vorbereitet wird, verwischen die Grenze zwischen Liquiditätskrisen, das heisst temporären Zahlungsschwierigkeiten, wo Übergangshilfen sinnvoll sind, und Insolvenzkrisen, das heisst dem wachsenden Mangel an Eigenkapital, wo die Staatshilfe in ein Fass ohne Boden fliesst.

Das wichtigste Instrument der Sanierung insolventer Banken in Finanzkrisen ist nicht immer mehr Geld, sondern die gute Idee. Und diese Ideen gibt es, auch wenn die Nationalbank sie (noch) ignoriert: systemischer Rückbau der Spekulation.