100 Wörter: Pfingstbräuche

Nr. 22 –

Das Hundeschiessen ist ein alter, aber heftig umstrittener Brauch. Seit den fünfziger Jahren kommt es dabei zu Auseinandersetzungen zwischen Tierschützern, Hundehassern, Veganern und Waffennarren. Vor lauter Krawall ging der eigentliche Zweck der Feier, die jeweils am zweiten Blusttag im Spätfrühling stattfindet, immer mehr verloren. Früher jagte man die Hunde durch die Altstadt, schoss sie zusammen und verarbeitete sie zu Pâté, der am Pfingstwochenende mit Knochenbrot verspeist wurde. Heutzutage fahren die Hunde an diesem Tag in den Schwarzwald, und es gibt vor allem Verletzte und nichts zu essen. Hoffentlich besinnt man sich in Krisenzeiten wieder auf den eigentlichen Zweck des Brauchs.

Stephan Pörtner ist Krimiautor («Köbi der Held») und unterwegs, sonst lebt er in Zürich. Für die WOZ schreibt er Geschichten, die aus exakt 100 Wörtern bestehen.