Personenrätsel: Die Draufgängerin
In weniger als achtzig Tagen um die Welt? Wenn sie tatsächlich einen Mann auf diese Reise schickten, dann würde sie eben für eine andere Zeitung an den Start gehen und nicht nur – was die Aufgabe war – schneller sein als Jules Vernes Romanheld Phileas Fogg, sondern auch als ihr Konkurrent. Die «New York World» gab klein bei, denn der 25-Jährigen, die dem Reporterstab Joseph Pulitzers angehörte, war das zuzutrauen: Als sie die Weltumrundung in 72 Tagen schaffte, wurde sie als Volksheldin gefeiert.
Eine Unbekannte war die 1864 geborene Journalistin zu jener Zeit nicht mehr. Bereits zwei Jahre zuvor hatte sie sich in eine psychiatrische Anstalt einweisen lassen und unter grosser öffentlicher Anteilnahme über die grauenhaften Zustände berichtet. Ihren wirklichen Namen erfuhren die LeserInnen nicht: Schon mit achtzehn, als sie ihre erste Stelle beim «Pittsburgh Dispatch» antrat, hatte man ihr ein Pseudonym verpasst. Damals hatte die Debütantin sofort den Zorn der Unternehmer auf sich gezogen, weil sie über die miserablen Arbeitsbedingungen in den Fabriken schrieb. Als man mit Anzeigenboykott drohte, wurde sie ins Moderessort versetzt. Empört packte sie ihre Koffer und ging als Auslandskorrespondentin nach Mexiko. Ein halbes Jahr später hatte man aber auch dort von der unbequemen Journalistin genug und warf sie aus dem Land. In New York startete sie schliesslich ihre Undercoverkarriere.
Um soziale Missstände und Korruption in Wirtschaft und Politik aufzudecken, schlüpfte sie in unzählige Rollen und Verkleidungen. 1895 zog sie sich ins Privatleben zurück, griff jedoch – nach dem Tod ihres Mannes und dem Konkurs seines Unternehmens – mit 55 wieder zur Feder.
Wie heisst die 1922 verstorbene Grande Dame des investigativen Journalismus, die den US-Amerikanerinnen die Tür zu den Redaktionsbüros aufstiess?
Wir fragten nach der US-Amerikanerin Elizabeth Jane Cochrane (1864–1922), die unter dem Namen Nelly Bly berühmt wurde. Sie gilt als Erfinderin der Undercover-Recherche.