Kultour

Nr. 5 –

Theater

Umverteilung!

Im ganzen Februar geht es im Zürcher Theaterhaus Gessnerallee um das Thema «Umverteilung» – ein derzeit inflationär verwendeter Begriff, der je nach Perspektive als eine Verschiebung von oben nach unten oder von unten nach oben verstanden wird. «Wir von der Gessnerallee gehen kühn von der Prämisse aus, dass Theater und Tanz ihr Publikum berühren und auf diese Art die Welt wenigstens ein wenig verändern», schreiben die Leute von der Gessnerallee.

Bereits in der ersten Woche sind fulminante Beiträge zu erwarten: Der Monat beginnt mit einer Performance von Random Scream und Davis Freeman. Sie starten in «Expanding Energy» den Versuch, eine Gemeinschaft zu schaffen, die Möglichkeiten von Ressourcenumverteilungen und für eine gerechtere Verteilung der Nahrungsmittel in der rasant wachsenden Weltbevölkerung thematisiert (Samstag, 4. Februar, ab 16 Uhr, mit Nachhaltigkeitsmesse und Abendessen).

Anna Mendelssohn verwebt in ihrem Solostück «Cry Me a River» Stimmen von Politikerinnen, Wissenschaftlern, Chirurginnen, Aktivisten, Dichterinnen und Tiefenökologen mit persönlichen Reflexionen (Dienstag/Mittwoch, 7./8. Februar). Und der studierte Philosoph und Tänzer Clément Layes kreist in seinem chaplinesken Slapstick um die Themen «Freiheit», «Beschränkung» und «Absurdität».

Übrigens: Bis April sind jeden Monat die BewohnerInnen eines bestimmten Zürcher Kreises gratis zu den Vorstellungen eingeladen: Im Februar gilt das Angebot für die BewohnerInnen des Zürcher Kreises 2 (Beweismaterial mitbringen!).
Adrian Riklin

«Umverteilung!» in: Zürich Theaterhaus Gessnerallee. Bis Ende Februar. 
www.gessnerallee.ch

Film

Lachen, bitte!

Etwas Humor wünscht sich das Kino in der Reitschule in Bern im Februar. Das ist gut so, denn zu lachen hat die Reitschule im Moment nicht so viel: Im November segnete der Stadtrat den vierjährigen Leistungsvertrag nicht ab, sondern schloss vorerst nur einen einjährigen Vertrag mit der Reitschule ab. Und auch sonst ist das Berner Nachtleben langsam zum Heulen. Das Konzertlokal Sous Soul wurde letztes Jahr geschlossen, das Wasserwerk macht bald dicht, und auch aus dem Kornhaus werden Partys verbannt – der Lärm stört die AnwohnerInnen (vgl. Seite 20).

«Wir wünschen Humor» lautet die Filmreihe, in der das Kino in der Reitschule ganz unterschiedliche Werke zeigt, bei denen man lachen kann. So ist «Herr Lehmann» (2003) von Leander Haussmann zu sehen, die Verfilmung des grossartigen gleichnamigen Romans von Sven Regener. «Aaltra» (2004) von Benoît Delépine und Gustave Kevern ist eine skurrile Komödie über zwei Nachbarn, die sich hassen, während einer Prügelei von einem umkippenden Traktoranhänger getroffen werden und im Rollstuhl landen. Bei einer Zugreise werden sie wieder zu Nachbarn und erleben eine grosse Überraschung.

Mit «This Must Be the Place» (2011) von Paolo Sorrentino ist auch ein Film programmiert, der eben noch in den Kinos lief und einen überragenden Sean Penn in der Rolle des abgehalfterten Rockstars zeigt. «Cinco días sin Nora» von Mariana Chenillo erzählt mit bissigem Humor vom Tod, der Liebe und der Ehe. Und der Dokumentarfilm «Moi c’est moi» der Berner Regisseurin Gabriele Schärer berichtet vom Zusammenleben von Jugendlichen und deren Freundschaft in Bern West, wo immer wieder mal Humor gefragt ist.
Silvia Süess

«Moi c’est moi» in: Bern Kino in der Reitschule, 
Fr/Sa, 3./4. Februar, 21 Uhr, in Anwesenheit der Regisseurin und der DarstellerInnen. 
www.reitschule.ch

Klaus Kinski

Warum bloss durfte ich mir als Primarschülerin die deutschen Edgar-Wallace-Verfilmungen im Fernsehen anschauen – nicht aber den Ziischtigskrimi wie alle andern in der Klasse? Harmlos genug war die Schwarz-Weiss-Serie aus den sechziger Jahren mit ihrem Blödelhumor auf jeden Fall. Aber: Klaus Kinskis irrlichternder Blick – so kurz und intensiv er in irgendeiner Nebenrolle über den Bildschirm huschte – verfolgt mich bis heute. Sechzehn Mal spielte Kinski den Nebenrollenschurken in dieser Reihe. In weit über hundert Filmen wirkte er insgesamt mit.

Über ein Dutzend seiner besten Auftritte zeigen das Stadtkino Basel («Poet des Wahnsinns») und das Kino Xenix in Zürich («Kommando Selbstinszenierung») im Februar in einer je eigenen, grossen Retrospektive. Dass es auch der verrückte Tierpfleger aus dem Wallace-Krimi «Der Zinker» (1963) in die Retro schafft, hat wahrscheinlich damit zu tun, dass Kinski an geradezu unfassbar vielen drittklassigen Produktionen mitgewirkt hat. Ja, er soll die Filmerei gar als «Hurengeschäft» betrachtet und sich dem jeweils meistbietenden Produzenten hingegeben haben. Stets spielte er dabei, als ginge es um sein Leben: expressiv bis zum Tobsuchtsanfall, der mitunter nur in seinen Augen stattfand.

Nicht nur vor der Kamera agierte Kinski oft an den Grenzen zum Wahnsinn oder Gewaltexzess – wer mit ihm drehte, wurde mitunter gewürgt oder bekam den Finger weggeschossen. Mit Werner Herzog verband ihn eine Hassliebe, die ihresgleichen sucht. Daraus hervorgegangen sind Meisterwerke wie «Aguirre – Der Zorn Gottes» (1972) und «Fitzcarraldo» (1982). Und der Dokumentarfilm «Mein liebster Feind» (1999), den Herzog acht Jahre nach Kinskis Tod über ihre gemeinsame Zeit gedreht hat. Schauderhaft gut!
Franziska Meister

Klaus Kinski in: Basel Stadtkino, Do, 2., bis So, 
26. Februar; Zürich Kino Xenix, Do, 2., bis Mi, 
29. Februar. www.stadtkinobasel.ch, www.xenix.ch

Konzert

D’Angelo

Es sollte das einzige Mal bleiben, dass Frau Käser, meine achtzigjährige Nachbarin, an der Tür klingelte und mich in ihre Stube zitierte, wo ich auf ihrem Schaukelstuhl Platz nehmen musste. «Hören Sie diese Bässe?», fragte sie. Es war Januar 2000, am Tag, an dem D’Angelos zweites Album, «Voodoo», erschien. Ein Meilenstein in der Geschichte des Rhythm and Blues.

Zwölf Jahre wurde es dann still um den Mann, der es mit Soulgrössen wie Donny Hathaway, James Brown oder Prince locker aufnimmt und dem R ’n’ B mit seinen vertrackten Rhythmen, dreckigen Gitarrenriffs und seiner Kopfstimme neues Leben eingehaucht hat. In den letzten paar Jahren kursierten dann immer wieder Gerüchte über ein bevorstehendes Album, 2010 tauchte auf Internetforen ein erstes Demo auf («1000 Deaths»), gefolgt von einer entsprechenden Twitter-Meldung seines Schlagzeugers Questlove, der mit The Roots berühmt wurde. Und Ende Dezember: die Daten einer Tournee. Jetzt soll D’Angelo in Zürich auftreten.

Nach anfänglicher Skepsis sieht es so aus, als würde der 37-Jährige aus Virginia tatsächlich kommen: Letzte Woche erschien D’Angelo in Stockholm erstmals seit zwölf Jahren auf der Bühne. Und erste Konzertausschnitte auf YouTube legen nahe: Es wird das R-’n’-B-Konzert des Jahres. Vielleicht des Jahrzehnts.
Yves Wegelin

D’Angelo in: Zürich X-tra, Di, 7. Februar, 20 Uhr. www.x-tra.ch

Takarabune

Was verbindet Hits, Jazzstandards, Beatboxing und japanische Volkslieder? Takarabune! Sechs Sängerinnen sind auf einem Schiff voller Kostbarkeiten (Takarabune) unterwegs und haben schon eine ganze Reihe von musikalischen Schätzen gehoben. Vor zehn Jahren sind sie vom japanischen Kobe aus in See gestochen und haben a cappella singend die Welt erkundet.

Beim «Vokal Total» in Graz räumten sie vor drei Jahren in der Kategorie Jazz ab. Sie bedienen sich ohne grossen Respekt bei anderen Genres und haben von Beatles-Songs über Doris Days «Tea for Two» und «Lover Come Back to Me» von Billie Holiday bis zu Frank Sinatra und Chet Bakers «My Funny Valentine» so ziemlich alles gecovert, was das Herz begehrt. Die Sängerinnen sind klasse, wenn es darum geht, Instrumentalklänge zu imitieren, und sie schrecken auch nicht davor zurück, ein japanisches Schlaflied ins Programm einzubauen.
Fredi Bosshard

Takarabune in: Zug Chollerhalle, Fr, 3. Februar, 20.30 Uhr. www.chollerhalle.ch