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Nr. 6 –

Anarchietage

In fünf Veranstaltungen nähern sich die 7. Anarchietage, organisiert von der Libertären Aktion Winterthur, dem historisch schwer befrachteten Komplex «Anarchismus und Gewalt» an. Jenseits des bürgerlichen Klischees des «bombenwerfenden Anarchisten mit Spitzhut und Bart» soll anhand von geschichtlichen und aktuellen Beispielen die Frage aufgeworfen werden, ob, welche und wie viel Gewalt gegen Menschen sich mit dem Streben nach einer herrschaftsfreien Gesellschaft verträgt. Dabei kommen allerdings nicht nur moralische und strategische Erwägungen zur Sprache, durch die wir uns in unserem politischen Handeln leiten lassen. Ebenso thematisiert wird, wie wir, in einem auf Ausbeutung und Unterdrückung basierenden System sozialisiert, mit Gewalt in den eigenen Reihen umgehen können. Zu hören sind unter anderem Referate von Michael Halfbrodt und Ralf Dreis und Konzerte von Niels van der Waerden, The Droogs und Oliv Tunes. Ausserdem gibt es Workshops zum Thema sexuelle Gewalt und «Direct Action – Ideen, Beispiele und Ziele kreativer Widerstandsformen».

Winterthur Alte Kaserne, GGS31 und 
Gasthof zum Widder, Fr–So, 10.–12. Februar. 
www.anarchietage.ch

Entwicklungszusammenarbeit

Unter dem Motto «50 Jahre Deza – Mehr als Hilfe» lädt die Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (Deza) ein zur Wanderausstellung «Die andere Seite der Welt – Geschichten der humanitären Schweiz». Die Ausstellung basiert auf mehr als 300 Stunden gefilmter Interviews, die mit Archivaufnahmen zu kurzen Dokumentarfilmen verarbeitet wurden. SchweizerInnen, die für die Deza, das Internationale Rote Kreuz und Nichtregierungsorganisationen auf der ganzen Welt im Einsatz waren, berichten von ihren Erfahrungen, die sie in der humanitären Hilfe, der Entwicklungszusammenarbeit und beim Einsatz für die Menschenrechte gemacht haben.

Frauenfeld Staatsarchiv Thurgau, Zürcherstrasse 221; die Ausstellung dauert bis 16. März.
St. Gallen Historisches und Völkerkundemuseum, Museumstrasse 50, geöffnet Di–So, 10–17 Uhr;
die Ausstellung dauert bis 12. Februar.

Privater Sozialstaat

Der Sozialstaat überträgt immer mehr Aufgaben an private Anbieter. Die Sozialfirma bringt Sozialhilfebeziehende zum Arbeiten und verdient dabei natürlich etwas. Der Staat versorgt sie nicht nur mit billigen Arbeitskräften, sondern trägt die gesamten Lohnkosten. In der Schweiz hat die enge Zusammenarbeit zwischen dem Sozialstaat und der Privatwirtschaft eine lange Tradition. Typische Beispiele sind die Gesundheitsvorsorge (Krankenkassen) und die Altersvorsorge (Pensionskassen und Sammelstiftungen). Private Anbieter übernehmen wichtige Teile der sozialstaatlichen Aufgaben und machen gute Geschäfte damit. Was bedeutet die Privatisierung von sozialstaatlichen Aufgaben für die Leistungsbeziehenden und für die sozialen Rechte von uns allen? Im Rahmen von «Uni von unten» gibt es einen Vortrag zum Thema von Peter Streckeisen, Soziologe an der Uni Basel.

Basel Planet 13, Klybeckstrasse 60, Mo, 13. Februar, 19 Uhr. www.planet13.ch

Monsanto

Seilschaften zwischen Behörden, Forschung und Gentechnikkonzernen sind keine Seltenheit. Immer wieder wird der Filz zwischen Konzernen und Aufsichtsbehörden aufgedeckt. Jörg Bergstedt ist seit über dreissig Jahren aktiv in der Umweltbewegung, unter anderem als Feldbefreier und Feldbesetzer und Autor zahlreicher Fachbücher. Seine Recherchen über die Seilschaften der Agrogentechnik hat er im Buch «Monsanto auf Deutsch» veröffentlicht. Nun kommt er für einen Vortrag nach Biel. In der Veranstaltung werden minutiös die Seilschaften zwischen Behörden, staatlicher und privater Forschung, Konzernen und Lobbyorganisationen durchleuchtet.

Biel Souterrain, Rainstrasse 4, 
Fr, 10. Februar, 19.30 Uhr.

Sozialer Wohnungsbau

421 Obdachlose gab es laut offizieller Statistik 1889 in der Stadt Bern, bei 6,7 Prozent der Stadtbevölkerung lag die Quote der Unterstützungsbedürftigen. Ganze Familien suchten Unterschlupf im Bremgartenwald. Als Massnahme gegen Armut, Elend und drohende Epidemien ergriff die Stadt in einem politisch breit abgestützten Entscheid die Initiative für den Bau einer Arbeitersiedlung im Wylerfeld. Die Wylerhüsli, wie sie genannt wurden, entstanden ab 1890. Das Quartier war die erste in der Schweiz realisierte Siedlung des sozialen Wohnungsbaus. Die vornehmlich aus Holz gebauten Häuser mit kleinen Vorgärten, 98 Wohneinheiten insgesamt, wurden von der Stadt an kinderreiche Familien abgegeben. Sechzig Jahre später, als ein modernes Wohnquartier entstand, mussten die Wylerhüsli allmählich Wohnblöcken und Hochhäusern weichen. 1972 wurde das letzte Haus in einer Feuerwehrübung abgebrannt.

Der Pressefotograf Andreas Blatter, der als Kind selbst einige Jahre in der Siedlung lebte, hat in einer aufwendigen Recherche die noch erhaltenen Zeitzeugnisse zusammengetragen und mit einstigen BewohnerInnen gesprochen. Blatters Ausstellung erzählt jetzt die Geschichte des verschwundenen Stadtquartiers. Sie folgt dem von Blatter im Eigenverlag herausgegebenen Buch «Wylerhüsli: Legendäres Arbeiterquartier im Berner Wylerfeld».

Bern Galerie im Kornhausforum, Kornhausplatz 18; die Ausstellung dauert bis 3. März.

Syrien

Die Lage in Syrien verschlimmert sich täglich, das Land ist in Aufruhr. Doch die Bilder, die wir über die Medien erhalten, sind meistens dieselben. Blicke hinter die Kulisse ermöglicht ein Abend mit dem syrischen Schriftsteller Freedom Ezabel. Er ist Autor zahlreicher Novellen, Theaterstücke, Gedichte und Streitschriften und setzt sich intensiv und kritisch mit den Auswirkungen des islamischen Rechtssystems auseinander. Ein Abend mit Information aus erster Hand und arabischer Poesie.

Bern Infoladen Reitschule, 
Mi, 15. Februar, 20 Uhr.

Verdingkinder

Im Zentrum der Ausstellung «Verdingkinder reden» stehen Hördokumente von Betroffenen, ausgewählt aus Interviews, die im Rahmen zweier Forschungsprojekte über die Fremdplatzierung von Kindern und das Verdingkinderwesen in der Romandie und in der Deutschschweiz geführt wurden. Ehemalige Verdingkinder und Heimkinder berichten über ihr Leben und den Umgang mit ihren Erfahrungen.

Zürich Schulhaus Kern, Kernstrasse 45, 
geöffnet Di–So, 11–18 Uhr; 
die Ausstellung dauert bis 1. April.