Was weiter geschah: Strafverfahren gegen die «Weltwoche»

Nr. 23 –

Es dauerte nicht lange, bis die ersten Anzeigen bei der Polizei eingingen. Am 5. April 2012 veröffentlichte die «Weltwoche» eine Titelgeschichte über kriminelle Roma, tags darauf erstattete der Wiener Journalist Klaus Kamolz Anzeige wegen «Volksverhetzung». In der Schweiz folgten mindestens drei Anzeigen wegen eines möglichen Verstosses gegen die Rassismus-Strafnorm, verschiedene Meldungen beim Presserat und bei der Eidgenössischen Kommission gegen Rassismus. Auch in Deutschland wurden Strafanzeigen eingereicht. Anlass dazu hatte vor allem das Cover der rechtskonservativen Zeitschrift gegeben: Ein vierjähriger Romajunge aus dem Kosovo zielte mit einer Spielzeugpistole auf die Betrachterin. Darunter titelte die «Weltwoche»: «Die Roma kommen. Raubzüge in die Schweiz».

Am Wochenende machte die «SonntagsZeitung» publik, dass sich die Zürcher Staatsanwaltschaft der Sache angenommen und ein Strafverfahren eröffnet hat. Anders in Deutschland: Dort hatte unter anderem Dirk Stegemann von der Kampagne «Zusammen handeln – gegen rassistische Hetze und soziale Ausgrenzung» Anzeige erstattet. Die Berliner Staatsanwaltschaft hat aber bereits im April entschieden, die Ermittlungen einzustellen, weil sie keine Aussicht auf Erfolg gesehen habe, wie Stegemann der WOZ sagt.

Der Vater des Romajungen sagte der WOZ im April (siehe WOZ Nr. 16/12 ), er werde ebenfalls klagen, wenn er von der Caritas unterstützt werde. Die Organisation betreibt in der Stadt Gjakova im Kosovo, wo die Romafamilie lebt, ein Hilfsprojekt. Aufgrund rechtlicher Unsicherheiten lehnte es die Caritas aber ab, den Vater bei einer Klage zu unterstützen. Auch der deutsche Zentralrat der Sinti und Roma, der in Deutschland Anzeige erstattet hat, verzichtet darauf, der Familie rechtlich zur Seite zu stehen. Man halte zwar die Forderung nach Schadensausgleich für «von der Sache her unbedingt gerechtfertigt» und vertrete diese Forderung auch öffentlich. Allerdings fehlten dem Zentralrat die Möglichkeiten und die Mittel für ein juristisches Verfahren: «Wir können deshalb auch nicht selbst einen Anwalt beauftragen und für eventuelle Kosten einstehen, die anfallen, wenn ein Prozess nicht gewonnen wird.»
Carlos Hanimann

Nachtrag zum Artikel «Das Leben 
des Jungen Mentor» in WOZ Nr. 16/12