WOZnews

Nr. 15 –

Digestive

Das stille Örtchen ist ein Ort der Kontemplation. Wo, wenn nicht da, hat man einige Minuten Musse zu lesen? Deshalb geniessen besonders Schriftstücke, die dort quasi naturgemäss anzutreffen sind, hohe Beachtung – und werfen Fragen auf. So steht auf dem Umschlag der Feuchttüchlein der Marke Duckies verde: «Papier aus verantwortungsvollen Quellen». Das ist edel. Aber wirkt es auch verdauungsfördernd? Das Risiko ist gross, dass einem das verantwortungslos genossene Fastfood im Hals stecken bleibt – beziehungsweise weiter unten.
Jürg Fischer

Verhexte

Die Einladung zur Miss-Earth-Wahl 2013 verhiess: «Das Stehdinner von der Bäckerei ‹Kleiner› wird Ihre Gelüste verzaubern.» Das gab uns zu denken: Würde unser Appetit in Begehren verwandelt? Der Hunger in Gier? Oder würde uns einfach nur schlecht? Doch dank Kostprobe vor Ort wissen wir nun: Der Zauber bewirkte zufriedene Sättigung.
Karin Hoffsten

Geschickte

Weniger angenehm ging es zu Ostern andernorts zu, berichtete die «Berner Zeitung»: «Auf den Philippinen nagelten sich zahlreiche Menschen ans Kreuz.» Also spätestens bei der zweiten Hand stellen wir uns das ziemlich schwierig vor.
Karin Hoffsten

Sprachgewandte

«Calanda Bräu kann kein Dialekt», schrieb der «Blick am Abend» auf der Titelseite. Wir wissen mit Sicherheit, dass in der Schweiz auch keine Mundart Feldschlösschen kann. Selbst Heineken kann nur noch ein fast vergessener Dialekt in einem winzigen Weiler Nordfrieslands.
Karin Hoffsten

Hellsehende

«Als der antike Dichter Ovid um die Geburt Christi die ‹Metamorphosen› in 15 Büchern niederschrieb, hätte sich wohl niemand vorstellen können, welch aktive Rezeption seine Erzählung von der Entstehung und dem Wandel der Welt noch tausende Jahre später haben würde», liess uns die Universität Basel wissen. Da an Tausenden gerade mal zwei vergangen sind, vermuten wir, dass die Kenntnisse in der Philosophisch-Naturwissenschaftlichen Fakultät gewonnen wurden. Sie kennen das ja: Relativitätstheorie, Raum-Zeit-Krümmung, Wurmloch et cetera. Künftiges wird da irgendwie hintenrum wieder zurückgespiegelt und für uns sichtbar. Oder so.
Karin Hoffsten

Kommunizierende

Dass «Sexidol Sophia Loren gerührt vom Pontifax» sei, berichteten die «Freiburger Nachrichten». Wie viele ihrer Generation konnte sich die alte Dame vermutlich nie wirklich mit E-Mails anfreunden.
Karin Hoffsten

Fremdsprachige

Unter dem Titel «Neue Adressen gefährden das Internet» lasen wir auf «NZZ Online»: «Doch Verisign mahnt Versigin zur Vorsicht.» Der Satz, hinter dem wir erst den Dialog zweier Druiden im Nebel von Avalon vermuteten und der inzwischen korrigiert wurde, macht deutlich, was neue Wörter anrichten können. Aber auch in alten Sprachen lauern Gefahren. Der lateinische Akkusativ, zum Beispiel, wurde in letzter Zeit mehrfach mit «Habemus Papa» oder «Habemus Franziskus» gedemütigt. Auch im Namen verstimmter Lateinlehrpersonen bitten wir: Lasst doch dem armen Papa Franz sein «m»!
Karin Hoffsten

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