Personenrätsel: Der aufständische Fechtmeister

Nr. 4 –

Vermutlich wurde er keine vierzig Jahre alt. Aber man weiss das nicht so genau, denn allzu viele Spuren hinterliess er in der Literatur nicht. Dass er einmal zu derartigem Weltruhm gelangen würde, hat einfach niemand geahnt. Geboren wurde er jedoch um das Jahr 109 vor der Zeitenwende, und es heisst, er sei ein Thraker gewesen, stammte also vermutlich vom Balkan. Später, zu einem Mann gereift «mit starkem Körper und starkem Geist» (so der griechische Schriftsteller Plutarch), stand er dann als Soldat auf der falschen Seite und geriet in römische Gefangenschaft.

Die BürgerInnen Roms hatten sich zu jener Zeit daran gewöhnt, als Ausgleich für die fortwährenden Machtkämpfe und Gemetzel der Aristokratie mit Brot und Spielen versorgt zu werden. Damit diese Spiele möglichst spannend waren, liess man Menschen –  Kriegsgefangene, Strafverurteilte und andere Unfreie – um ihr Leben kämpfen. Und da das Publikum immer anspruchsvoller wurde, gab es bald private Schulen, in denen diese Gladiatoren zu Meistern an den unterschiedlichsten Waffen ausgebildet wurden. Selbst schuld, könnte man fast sagen.

Denn der Thraker wurde an eine der berühmten Gladiatorenschulen in Capua verkauft, wo er seinen Schicksalsgenossen das Fechten beibringen musste. Im Jahr 73 v. u. Z. gelang ihm dann mit etwa siebzig Gladiatoren die Flucht, und von Stund an hielten sie dank ihrer Kampfkünste und leicht erbeuteter Waffen das Römische Reich in Atem. Dessen Legionen waren gegen das schnell anwachsende Sklavenheer, dem sich verarmte Bauern und Landarbeiter anschlossen, lange Zeit machtlos – auch, wie es heisst, weil der Thraker an der Spitze die Kriegsbeute fair unter allen verteilte und seinen Mannen verbat, die Bevölkerung zu bestehlen.

Bis hinauf nach Modena schlugen sie sich siegreich, dann aber – warum, ist ungewiss – suchten sie nicht in der Weite und damit der Freiheit das Heil, sondern forderten von ihrem Fechtmeister, die Rebellenarmee zurück nach Süden zu führen. Im Jahr 71 v. u. Z. wurden sie in Apulien vernichtend geschlagen. Auch der berühmte Thraker fand dabei den Tod.

Wer war dieser Mann, der heute in Stein gemeisselt vor dem Louvre steht und über den Karl Marx urteilte, er sei «der famoseste Kerl, den die ganze antike Geschichte aufzuweisen hat»?

Wir fragten nach dem thrakischen Gladiator Spartakus (etwa 109 bis 71 v. u. Z.). 
Er ist der heute bekannteste Anführer des sogenannten Dritten Sklavenkriegs. Dieser hatte die 
römische Aristokratie derart in Angst versetzt, dass sie nach dem Sieg – künftigen Rebellen 
zur Warnung – an der Via Appia zwischen Capua und Rom 6000 Aufständische kreuzigen liess. Mit der Französischen Revolution entdeckte man Spartakus als Symbolfigur für den Freiheitskampf. Spartakusbund hiess auch die Gruppe um Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht, die aus Protest gegen den Kriegskurs der SPD entstanden war und 1919 in der KPD aufging.