Kultour

Nr. 5 –

Ausstellung

Barbara Probst / «Telling Tales»

Die in München geborene Fotografin Barbara Probst verwendet bis zu dreizehn Kameras, um dasselbe Subjekt im gleichen Moment aus unterschiedlichen Perspektiven aufzunehmen. Mit einer Fernbedienung kann sie die synchronisierten Kameras auslösen und so mehrere Aspekte und Facetten der «Realität» abbilden. Probst arbeitet seit 2000 an diesen multiplen Ansichten, die sie als «exposures» bezeichnet. Dabei werden auf einzelnen Fotos auch Teile ihrer Ausrüstung sichtbar. Sie integriert also den Akt des Fotografierens ins Bild. In den neueren Arbeiten kombiniert Probst, die zwischen München und New York pendelt, Innen- und Aussenansichten, wie jetzt im Bieler Centre Pasquart zu sehen ist.

Die parallel dazu eröffnete Ausstellung «Telling Tales» versammelt zehn Positionen von KünstlerInnen aus der Schweiz und dem Baltikum. Unter ihnen befindet sich das einheimische Künstlerduo Andres Lutz und Anders Guggisberg, das immer wieder mit «installativen» Interpretationen von kulturellen Phänomenen und Mythen zu überraschen weiss. Aber auch die Arbeiten der KünstlerInnen aus Lettland, Litauen und Estland wurden auf ihren erzählerischen Gehalt untersucht. Sie verbinden Erinnerungen aus dem kollektiven Gedächtnis mit persönlichen Erfahrungen. Dabei nimmt die Zeit der sowjetischen Herrschaft einen grossen Raum ein. Gefundene Fotografien und Filme aus vergangenen Jahren werden so Teil der Werke von «Telling Tales».

Barbara Probst und «Telling Tales» in: Biel Centre PasquArt, Sa, 1. Februar 2014, 17 Uhr, Vernissage. Einführung: Felicity Lunn. Mi–Fr, 14–18 Uhr; Sa/So, 11–18 Uhr. Bis 6. April 2014. www.pasquart.ch

Fredi Bosshard

Art Space = Artist’s Space?

Was passiert mit Kunst, wenn sie zunehmend von KuratorInnen bestimmt wird? Wie verhält es sich mit der Autonomie künstlerischer Prozesse, wenn von Kunstinstitutionen immer mehr thematische Rahmenbedingungen gestellt werden? Wie viel Kunst wird durch die Normalität und den Homogenität des kunstbetrieblichen Ausstellungsformats vermieden?

Jso Maeder beschäftigt sich seit einigen Jahren zunehmend mit dem Kunstbetrieb an sich. Seit jeher versteht er sich als ein Künstler, in dessen Schaffen die philosophische Hinterfragung und die handwerkliche Praxis untrennbar miteinander verbunden sind. So sind in den letzten Jahren raumbezogene installative Arbeiten aus korrespondierenden Serien und Einzelwerken entstanden, die zusammen einen «Raum der Mischung» bilden, der sich als vieldeutige Visualisierung von Austauschprozessen versteht.

In «Intermezzo_Bohn» stellt Maeder das Konzept der Ausstellung als gängigstes Format der Kunstpräsentation grundsätzlich zur Debatte. Im Kunstraum der Luzerner Organisation MS-Kunstverknüpft entsteht ein Gastraum, den Maeder an sich bereits als Veranstaltung versteht: eine «Auf-Stellung» – als Gegenmodell zur «Aus-Stellung», die sich in den letzten Jahrzehnten als Produkt etabliert hat, für das kaum mehr die KünstlerInnen selbst als AutorInnen agieren.

Was passiert, wenn ich Bohn mache statt Kunst? In mehreren Passagen sucht Maeder eine spezifische Sicht auf die Innen- und die Spielräume von «Kunst» – als Provisorium, Zwischenraum, als Office, Archiv, Wohnbereich und Artist Space. Zur Eröffnung diskutiert der Künstler mit Susanne Neubauer und Guido Magnaguagno.

Jso Maeder: «Intermezzo_Bohn. Gastraum und Materialkunde. Eine Veranstaltung in Etappen» in: Luzern Artspace / MS-Kunstverknüpft, Bürgenstrasse 22, Do, 30. Januar 2014, 17 Uhr, Eröffnung. 18 Uhr, Neubauer, Magnaguagno und Maeder 
im Gespräch. Bis 24. April 2014. 
www.ms-kunstverknuepft.org

Adrian Riklin

Dadalenin

Am 5. Februar 1916 gründeten Hugo Ball und Emmy Hennings an der Zürcher Spiegelgasse 1 das Cabaret Voltaire. Einige Tage später bezog Wladimir Iljitsch Lenin zusammen mit seiner Frau eine Wohnung oberhalb des Restaurants zum Jakobsbrunnen an der Spiegelgasse 14. Seither sind 98 Jahre vergangen, und Zürich bereitet sich auf die grossen Dada-Festspiele von 2016 vor.

Zur Einstimmung wird bereits jetzt eine Woche lang gefeiert. Die Festivitäten beginnen mit der Finissage zur Ausstellung «Dada x Statistik», an der Mitglieder von Statistik Stadt Zürich zum letzten Mal durch die Ausstellung führen. Am Montag werden dann Dada-Filme gezeigt, am eigentlichen Geburtstag wird die Ausstellung «Dadalenin» von Rainer Ganahl eröffnet. Ganahl, der seit 2006 an der Hagiografie «Dadalenin» gearbeitet hat, präsentiert daselbst eine Spezialedition seines Buchs. Zum Abschluss der Festwoche zu 98 Jahren Dada gehts am 8. Februar in die Roaring Twenties, gefeiert wird mit Showeinlagen, Absinth und Champagner.

98 Jahre Dada in: Zürich Cabaret Voltaire, 
So, 2., bis Sa, 8. Februar 2014. www.cabaretvoltaire.ch

Fredi Bosshard

Film

Solarwanderkino Nepal

Die Filmwissenschaftlerin Maria Suhner reiste mit dem Geografen Jorrit Bachmann durch das Himalajagebiet in Nepal. Mit dabei: zwei Maulesel, die das solarbetriebene Film- und Kinoequipment transportierten. Mit einem nepalesischen Team wanderten die zwei ZürcherInnen von Dorf zu Dorf und produzierten mit den Menschen in kleinen Bergdörfern Filme, die auch gleich vorgeführt wurden. Einige dieser Werke sind jetzt im Kino Xenix in Zürich zu sehen. Die Filme der nepalesischen LaienfilmemacherInnen, von denen viele zum ersten Mal in ihrem Leben eine Kamera in der Hand hielten, thematisieren ihr Leben, ihren Alltag, ihre Probleme und ihre Anliegen. Ziel des Solarwanderkinos Nepal ist es, mit dem Werkzeug Film in infrastrukturschwachen Gebieten eine neue Plattform zu schaffen: Interessierten in den Dorfgemeinschaften soll gezeigt werden, wie ein selbstgewähltes, für die Gemeinschaft relevantes Thema filmisch aufgearbeitet werden kann.

Solar Wanderkino Nepal in: Zürich Kino Xenix, 
Sa, 1. Februar 2014, 14.30 Uhr (mit Maria Suhner und Jorrit Bachmann). www.xenix.ch

Silvia Süess

Festival

Flutlicht

Viele mögen dies jetzt nicht hören, aber es muss trotzdem gesagt werden: Basel ist die Hauptstadt des Schweizer Fussballs. Der 1893 gegründete FC Basel holte in den letzten Jahren mehrere Male den Meistertitel, gewann den Cupfinal und schaffte Überraschungssiege wie jenen letztes Jahr gegen Chelsea.

Beim neu gegründeten Basler Fussballfilmfestival «Flutlicht» stehen jedoch weder der FCB noch dessen Siege im Zentrum, sondern Themen, die sonst gerne im Zusammenhang mit dem Fussball verschwiegen werden. Der Tod, der Glaube und das Spiel – dies sind die drei thematischen Blöcke, zu denen an je einem Tag Filme gezeigt und Diskussionen geführt werden. Eröffnet wird das Festival mit «Les Rebelles du Foot» von Gilles Perez und Gilles Rof. Im Dokumentarfilm erzählt der ehemalige Fussballer, heutige Schauspieler und Aktivist Éric Cantona von fünf Profifussballspielern, die auch neben dem Feld gesellschaftliche Verantwortung übernehmen. Der Film steht auch für das Thema des Abends: «Die Politik und das Spiel». Nach dem Film gibt es ein Gespräch mit Markus Allemann, dem Kogeschäftsleiter von Greenpeace Schweiz, und Alex Miescher, dem Generalsekretär des Schweizerischen Fussballverbands. Moderiert werden dieses sowie weitere Gespräche von WOZ-Inlandredaktor Jan Jirát.

Mit dem ehemaligen WOZ-Kolumnisten Pascal Claude ist einer der besten Fussballexperten am Festival vertreten. Er liest am Sonntag alte, abgestandene sowie neue und geheime Texte. Zu sehen ist am Sonntag «Football under Cover». Der Dokumentarfilm von David Assmann und Ayat Najafi beschäftigt sich mit dem ersten Freundschaftsspiel einer iranischen Frauenmannschaft in Teheran – und zeigt all die bürokratischen Hürden, die bis zum Anpfiff genommen werden mussten. Spannend wird auch das anschliessende Gespräch mit der Historikerin Marianne Meier und der ersten asiatischen Profifussballerin, Permi Jhooti. Weitere Gespräche, Lang- sowie Kurzfilme geben einen vielfältigen Einblick in das Gesellschaftsphänomen Fussball. 

«Flutlicht – Fussball Film Festival» in: Basel 
Bar du Nord, Fr, 31. Januar, bis So, 2. Februar 2014. 
www.flutlichtfestival.ch

Silvia Süess