Diesseits von Gut und Böse: Des Weibes Zwiegestalt

Nr. 38 –

Ich liebe Stilberatungskolumnen. Zum einen wegen der Fragen: «Muss ich zum Niesen aufs Klo gehen?», «Warum soll man Brüste quetschen?» («man»?) oder auch: «Muss ich mein Brusthaar rasieren?» (Mann!)

Aber auch wegen der Antworten. Meine Lieblingsexpertin ist Bettina Weber. Denn die Leiterin des Ressorts Gesellschaft bei der «SonntagsZeitung» ist für mich eine Art schreibende Dr. Jekyll und Ms. Hyde. Während ihre Texte zum Zeitgeschehen oft in erquickend feministischem Modus daherkommen, verblüfft sie als Stilfachfrau mit hammerhartem Gouvernantengroove.

Zum Thema Abwechslung in der Männermode meinte sie: «Ich mag Anzüge. Ich mag Kittel. Und Hemden. Darum weiss ich jetzt auch gar nicht, was Männer sonst anziehen sollten.» Und einer genervten Gastgeberin empfahl sie, verfrüht eintreffenden Gästen den Tarif durchzugeben, weil «der Zug dann abfährt, wann er gemäss Fahrplan abfahren soll. Und nicht zehn Minuten vorher. (…) Wenn das nichts hilft, müssen Sie sich neue Freunde suchen.» Rumms!

Doch jüngst übernahm die scharfsichtige Frau Dr. Jekyll auch in der Stilberatung. Auf die Frage «Soll man sich als emanzipierte Frau die Beine rasieren?», antwortete sie: «Das Problem sind nicht die Härchen am Körper. Sondern die Denkmuster in den Köpfen.» Danke! Ich fing nämlich schon an, mir Sorgen zu machen.