Kultour

Nr. 10 –

Comics

Die grosse Welt der kleinen Kästchen

Wenn radiert wird und schraffiert und gestaunt und geblättert; wenn in kleinen Kästchen grosse Welten entstehen und sich plötzlich jeder überlegt, wie er oder sie wohl als Comicfigur aussehen würde; ja, wenn in Gedanken über der Luzerner Innenstadt eine riesige Sprechblase schwebt, dann kann in dieser Blase eigentlich nur eines stehen: «FUMETTO!!!»

In den 23 Jahren seines Bestehens hat sich das Fumetto – das Internationale Comix-Festival Luzern – von einer kleinen regionalen Veranstaltung zu einem der wichtigsten Comicfestivals Europas entwickelt.

Neben neun Hauptausstellungen und einer Vielzahl kleinerer Satellitenausstellungen, die in der ganzen Luzerner Innenstadt verteilt sind, bietet das Festival ein breites Rahmenprogramm mit Workshops, Signierstunden, einem Zeichnerduell, Performances, einer Comicbörse, dem jährlichen Wettbewerb und vielem mehr. Neben Superhelden der Comicszene wie dem Franzosen Jacques Tardi oder dem Norweger Pushwagner gibt das Festival auch jungen Talenten die Chance, ihr Können zu zeigen. Comickunst, Illustration, bildende Kunst, Grafik, Performance und Animation treffen aufeinander und vermischen sich.

Inspirierendes, Kreatives und Provokatives in Hülle und Fülle. Wer sich die Chance, dabei zu sein, die ganzen neun Tage lang entgehen lässt, die oder der ist wirklich selber schuld!

Fumetto – Internationales Comix-Festival in: Luzern Sa, 7., bis So, 15. März 2015. www.fumetto.ch

Stephanie Danner

Ausstellung

Glaube, Liebe, Hoffnung

Die rot-blauen Farben auf dem Plakat schlagen einem als FCZ-Fan schon ein bisschen aufs Gemüt, und zu behaupten, damit könne ja nicht nur der FC Basel, sondern auch der FC Barcelona gemeint sein, ist natürlich eine faule Ausrede. Aber dann wird man halbwegs versöhnt, da auf dem Plakat Maradona und Klose zwei durchaus unterschiedliche Stile und Epochen verkörpern. Und die internationale Wanderausstellung im Historischen Museum Basel verspricht ja doch etliches über die Beziehungen zwischen Fussball, Religion und Gesellschaft. Fotografien, Filme und Musikbeispiele, sporthistorische Objekte, Fanartikel und persönliche Erinnerungstücke zeugen von Fussballhelden, dramatischen Spielen und inniger Hingabe an den Fussballsport. «Am Beispiel der rot-blauen Leidenschaft in Basel wird die identitätsstiftende Wirkung des Fussballs dargestellt», versichert das Programm – aber die Abteilung kann auch übersprungen werden. Es gibt später mal ein Fussballfest und besondere Anlässe für Schulklassen; auch ein Selfiewettbewerb wird angedroht.

«Fussball – Glaube. Liebe. Hoffnung» in: Basel Historisches Museum, Do, 12. März 2015, 18 Uhr, Vernissage; bis 16. August 2015. www.hmb.ch

Stefan Howald

Verlagsszene

Kein aussterbendes Gewerbe

Die neusten Zahlen für das Buchgeschäft sind wieder einmal düster. Die Eurokrise wird ein paar Buchhandlungen mehr den Todesstoss versetzen. Warum gibt es immer noch Leute, die Bücher produzieren? Weil sie nicht anders können. Im Zürcher Strauhof stellen sich seit ein paar Wochen verschiedene VerlegerInnen den kritischen und neugierigen Blicken. Umgeben von der Ausstellung «Vom Manuskript zum Buch» gibt es beinahe täglich Diskussionen, aber auch ein Tag im Büro wechselnder Verlage lässt sich miterleben.

Am Freitag, 6. März 2015, geht es um die Gesamtausgabe des Schweizer Schriftstellers Hermann Burger (1942–1989). Im Gespräch zwischen dem Herausgeber Simon Zumsteg, dem Burger-Kenner und Wissenschaftler Thomas Strässle und dem Nagel-&-Kimche-Verleger Dirk Vaihinger werden grundsätzliche Fragen über die Notwendigkeit solcher Gesamtausgaben diskutiert und konkrete Entscheide erörtert.

Am Samstag darauf, dem 7. März 2015, geht es noch etwas historischer zu. Der Wissenschaftsverlag Karger Publishers feiert seinen 125. Geburtstag. Soeben hat er den Anatomieatlas «De humani corporis fabrica» des flämischen Anatomen Andreas Vesalius in einer bibliophilen Edition auf Englisch zugänglich gemacht – faszinierend, aufregend, krude, wiewohl doch eher ein Minderheiteninteresse. Verlagsleiterin Gabriella Karger berichtet über ihre Begeisterung für den Renaissancewissenschaftler und darüber, wie sich das Familienunternehmen im Onlinezeitalter behauptet.

Am Dienstag, 10. März 2015, sichtet Gabriella Baumann-von Arx vom Wörterseh-Verlag bisher vorliegende Porträts zu Susanna Schwagers jüngstem Projekt «Das halbe Leben. Junge Frauen erzählen» – was sind die Ingredienzen, die einen erneuten populären Bestseller ermöglichen? In den folgenden Wochen werden sich die Verlage Scheidegger & Spiess, Kein & Aber, Unionsverlag und Limmat-Verlag vorstellen.

«Publishers in Residence» in: Zürich Strauhof. Öffnungszeiten Ausstellung im 1. Stock: 
Di–Fr, 13–19 Uhr, Sa/So, 10–18 Uhr. Laufendes Programm unter www.publishersinresidence.ch.

Stefan Howald

Filmfestival

Leben in der Halbwertszeit

Die Region um das AKW Fukushima ist zu einer auf Jahrzehnte hinaus unbewohnbaren und für Mensch und Tier tödlichen Einöde geworden. Wo einst gelebt, geliebt, gearbeitet wurde und Alltagskämpfe ausgefochten wurden, sind nun der Boden, das Wasser, Pflanzen und Tiere verseucht; und nichts kann die Zäsur zwischen davor und danach jemals wieder aufheben.

Beim Halbwertszeit-Filmfestival finden anlässlich des vierten Jahrestags der atomaren Katastrophe vom 11. März 2011 unter dem Titel «Frauen blicken auf Fukushima» Filmvorführungen, Vorträge und Diskussionen statt – der einfühlsame und differenzierte Blick auf das Danach lässt dabei immer wieder auch Raum für Erinnerungen an das Davor. So zeigen die Filme «A Woman from Fukushima» von Yumiko Hayakawa und «My Atomic Aunt» von Kyoko Miyake die Leben zweier sehr unterschiedlicher Frauen, die eines verbindet: Nichts ist für sie mehr, wie es vorher war. «A Woman from Fukushima» erzählt die Geschichte von Setsuko Kida, die durch das nukleare Desaster nicht nur ihr Zuhause verloren hat, sondern sich auch von einer einfachen Hausfrau in eine engagierte Antiatomkämpferin transformierte. In «My Atomic Aunt» wiederum sucht Kyoko Miyake Spuren ihrer eigenen Vergangenheit und kehrt nach Namie in der heutigen Sperrzone zurück – rund zehn Kilometer vom AKW entfernt. Begleitet wird sie dabei von ihrer Tante Kuniko, zuvor eine erfolgreiche Unternehmerin in Namie, die nun akzeptieren muss, dass es in ihrer ganz persönlichen Geschichte definitiv kein Zurück mehr geben wird.

Halbwertszeit-Filmfestival in: Zürich Rote Fabrik, Aktionshalle, Mi, 11. März 2015, ab 19 Uhr, Do, 12. März 2015, ab 17.15 Uhr. www.rotefabrik.ch

Stephanie Danner

Film

Viva España!

«Seine Filme sind satirische Perlen aus einer Zeit, da Spanien nicht viel zu lachen hatte», schrieb «Der Spiegel» im Nachruf auf den 2010 verstorbenen Regisseur Luis García Berlanga. In seinen Filmen brachte der Spanier immer wieder Seitenhiebe gegen Diktator Franco unter. Als 1963 «El verdugo» («Der Henker») erschien, versuchten Francos Schergen, die Vorführung des Films an den Filmfestspielen Venedig zu verhindern, was jedoch nicht gelang.

«España!» lautet der Titel der Filmreihe im Kino Nische in Winterthur, in der nun auch «Der Henker» zu entdecken ist. Der Film beginnt mit einer Hinrichtung und endet auch mit einer solchen. Dazwischen steht der Weg von José Luis, der vom Bestattungsunternehmer zum Henker wird. «Der Henker» ist eine bitterböse Komödie, die von den Alltagsschwierigkeiten im Spanien der sechziger Jahre erzählt: Wohnungsmangel, schlampige Bürokratie, Vetternwirtschaft. Gleichzeitig ist er auch eine Kritik an der Todesstrafe, die damals in Spanien noch vollstreckt wurde. Da fast zeitgleich mit der Vorführung in Venedig in Spanien die beiden Anarchisten Joaquín Delgado und Francisco Granado hingerichtet wurden, kam es an den Filmfestspielen zu Protesten gegen die Verurteilung. Die Geschichte wurde zum Skandal für die spanische Regierung.

In der Filmreihe sind mit «Los lunes al sol» (2002) von Fernando León de Aranoa und «En tierra extraña» (2005) von Icíar Bollaín weitere Filme zu sehen, die ein tiefgründiges Bild von Spanien zeigen.

«El verdugo» in: Winterthur Kino Nische, 
So, 8. März 2015, 19.30 Uhr. Weitere Filme zum Thema «España!» jeden Sonntag im März 2015 um 19.30 Uhr. www.kinonische.ch

Silvia Süess