WOZ News

Nr. 34 –

Andalusische

Dass das Zürcher Theaterspektakel seinen Ruf als Festival des zeitgenössischen Theaters verdient, zeigt schon die Ankündigung einer Aufführung der Tänzerin Rocio Molina im «Tagblatt der Stadt Zürich»: «Rocio ist eine Frau, Spanierin, Tänzerin. Da liegt Flamingo natürlich nahe, doch klassischer Flamingo ist das nicht. Molina ist die Zukunft des Flamingo, elegant, selbstbewusst und ausdrucksstark.» Uns war bisher nur der sterbende Schwan bekannt, doch warum sollte nicht auch das Verenden anderer Vögel getanzt werden? Und: Nur ein toter Flamingo ist ein naheliegender Flamingo.
Jürg Fischer

Schlagkräftige

Der tiefschürfenden Sportbetrachtung widmet sich der «Tages-Anzeiger»: «Dürfte Kyrgios also noch eine Weile mit seinem Fehlverhalten konfrontiert sein, fragt sich bei Wawrinka, wie sehr ihn sein Rücken behindert. Es ist nicht das erste Mal, dass er einen stechenden Schmerz im unteren Rücken spürte – und das gibt ihm Hoffnung, die Beschwerden bis zum US Open in den Griff zu kriegen.» Das nennen wir Stringenz. Oder schlafwandlerisches Analysieren. Oder hundert Jahre Gagaismus.
Jürg Fischer

Ballbeherrschende

Unübliches trug sich kürzlich auch in der 63. Minute des Fussballspiels Basel gegen Thun zu, gemäss der Liveberichterstattung von «Blick online»: «Für den verletzten Bigler kommt jetzt Schindelholz, der mit der Barre in den Spielertunnel transportiert wird. Gute Besserung an dieser Stelle.» War das nur hitzebedingt, oder sollen wir uns freuen, dass wir endlich auch den Behindertensport am Liveticker verfolgen können? Wir wünschen ebenfalls gute Besserung.
Jürg Fischer

Nachträgliche

«Man kann jedoch davon ausgehen, dass eine grössere Präsenz der Betreuer die Wahrscheinlichkeit reduziert, einen Toten erst nach so langer Zeit zu entdecken.» So stand es im «Tages-Anzeiger» zum Fall eines verstorbenen Asylbewerbers in Luzern, der erst nach einer Woche gefunden wurde. Hört sich an wie eine Matheaufgabe: Berechne die Anzahl Betreuer, die es braucht, um dem Mann vor seinem Tod zu helfen.
Jürg Fischer

Ausgegrenzte

In Scuol mussten drei Gebäude wegen einer Schlammlawine evakuiert werden. Die «Berner Zeitung» wusste: «In ihnen befanden sich zwei Ferienlager, eines mit Kindern aus dem Kanton Zürich, eines mit Kindern aus der Deutschschweiz.» Da weder die Westschweiz noch das Tessin bereit sind, dem Kanton Zürich Asyl zu gewähren, trägt sich dieser mit Auswanderungsplänen, im Gespräch sind Singapur oder Nassau (Bahamas). Wirtschaftsflüchtlinge sollen dort allerdings auch nicht gern gesehen sein.
Karin Hoffsten

Übende

Dass SP-Nationalrat Cédric Wermuth seine Schreibbegabung ausgerechnet als Wahlbeobachter für die «Weltwoche» austesten will, löste weitherum Irritationen aus (vgl. Medientagebuch ). Das Honorar wolle er jedoch dem Förderverein ProWOZ spenden, sagte er auf «Blick online», wo der erste Artikel so angekündigt wurde: «Dieser handelt um den Kampf in der politischen Mitte – und ist für wermuthsche Verhältnisse nüchtern geschrieben.» Unter diesen Umständen ist zumindest zu begrüssen, dass Wermuth das journalistische Handwerk nicht beim «Blick» lernen will.
Karin Hoffsten

woznews@woz.ch