Medientagebuch: Alles für den Scheinwerfer
Daniel Ryser über Cédric Wermuths «Weltwoche»-Engagement
Seit letzter Woche ist der Aargauer SP-Nationalrat Cédric Wermuth regelmässiger Autor der «Weltwoche». Nach den ersten erstaunten Reaktionen hat Wermuth mitteilen lassen, er werde das Honorar dem ProWOZ-Förderverein spenden. Danke, Cédric. Das ist sehr lieb von dir. Aber willst du die Kohle nicht lieber behalten? Geh mit den 300 Franken, die du offenbar pro Artikel kriegst, vielleicht besser ein paar Mal ins Hamam. Das erdet, wenn die Bodenhaftung verloren gegangen ist.
Aber der Reihe nach. Aufs Sommerloch hin hat die «Weltwoche» ein Sonderheft publiziert zur Lage der Linken in der Schweiz: «Mehr Wermuth!», erklärte uns darin bereits paternalistisch René Scheu, designierter Feuilletonchef der «Neuen Zürcher Zeitung», denn alles andere sei linkes Wischiwaschi. In jenem Heft tauchte als Autor auch der eine oder andere linke Politiker auf, darunter zum Beispiel einer, der in einem Gespräch unter vier Augen die «Weltwoche» einst in die Nähe des Nationalsozialismus gerückt hat. Kein Vergleich zu krass, wenn man glaubt, es helfe. Jeder krasse Vergleich schnell vergessen, wenn die Bühne ruft.
Einer, der ähnlich wie jener besagte Politiker auch gerne die Verluderung und vor allem den Rechtsdrift der hiesigen Medien beklagte, ist der neue «Weltwoche»-Autor Cédric Wermuth.
Was mussten sich JournalistInnen von ihm schon anhören, sie sollten endlich linker und angriffiger werden. Erstaunlicherweise hat nun ausgerechnet er bei der ersten Gelegenheit das getan, was diverse JournalistInnen – die in seinen Augen wahrscheinlich höchstens Halblinke oder verkappte Bürgerliche sind – nicht getan haben oder nicht tun würden: ein Jobangebot von Roger Köppel annehmen.
Dazu passt, dass Cédric Wermuth in seinem ersten «Weltwoche»-Beitrag den Ball von René Scheu aufnimmt, um ebenfalls auf die Wischiwaschis (dieses Mal sind es die MittepolitikerInnen) herunterzupinkeln: Austauschbare Inhalte, dem Untergang geweiht! Da haben sich zwei gefunden: der Provokateur von links und der Provokateur von rechts.
Dem Chefredaktor Roger Köppel dient Cédric Wermuth neben Hotelbesitzer und Ex-SP-Präsident Peter Bodenmann als schönes linkes Feigenblatt für sein rechtes Zeitungsprojekt. Feigenblätter, die jetzt noch wichtiger werden, wo Roger Köppel auch offiziell SVP-Politiker geworden ist.
Links zu reden und rechts zu unterschreiben – dieser Entscheid offenbart vor allem eines: Wie viele andere PolitikerInnen steckt auch dieser SP-Nationalrat tief in einem nur um sich selbst drehenden Politspiel – einem Spiel, in dem es keine Prinzipien mehr gibt, sondern nur noch Bühnen: Alles für den eigenen Scheinwerfer! Es gibt in diesem Spiel auch keinen Journalismus mehr, sondern nur noch Selbstvermarktung. Umso lächerlicher, wenn Leute wie Wermuth den Niedergang der Medien beklagen.
Man kannte im Netz immer diese Bünzli, die Cédric Wermuth vorgeworfen hatten, ihm, dem Berufspolitiker, würde einmal ein normaler Job mit Bodenhaftung gut tun – Heizungsmonteur, Schreiner, Lehrer, was auch immer –, denn die PolitikerInnen lebten doch in einer Bubble ohne Verbindung zum Leben von uns Normalos, die wir ihr Politikergeschwafel dummerweise manchmal glauben. Die Bünzli hatten recht.
Daniel Ryser ist WOZ-Redaktor.