Was weiter geschah: Rassistisch zum Zweiten

Nr. 11 –

Die SVP pflegt viele Feinde, doch zu ihren liebsten zählen RichterInnen. Je abgehobener sie in den juristischen Sphären tagen, desto suspekter erscheinen sie der Partei. Nun wird sie aber wohl selbst das Bundesgericht und damit das höchste Gericht des Landes anrufen, wie SVP-Generalsekretär Martin Baltisser am Dienstag bekannt gab.

Die Partei, die sonst Härte für andere fordert, möchte Milde für sich selbst. Das Berner Obergericht hat Baltisser und seine Arbeitskollegin Silvia Bär verurteilt, weil sie öffentlich gegen eine Gruppe von Personen wegen ihrer Rasse, Ethnie oder Religion zu Hass oder Diskriminierung aufgerufen haben. Anlass dafür war das Inserat «Kosovaren schlitzen Schweizer auf», mit dem die SVP im Wahlkampf 2011 geworben hatte. Die Menschenwürde habe Vorrang vor der Meinungsfreiheit, betonte Gerichtspräsident Andreas Weber. Er kam damit zum gleichen Schluss wie das Regionalgericht, das Baltisser und Bär 2015 erstinstanzlich verurteilt hatte, mit einem damals leicht höheren Strafmass.

Dem Prozess gegen die SVP kommt eine besondere Bedeutung zu, weil noch niemals die Verantwortlichen einer nationalen Partei wegen der Antirassismusstrafnorm verurteilt worden sind. In der politischen Debatte soll es möglichst wenig Einschränkungen der freien Rede geben. Umso schwerer wiegen die beiden bisherigen Urteilssprüche. Parteipräsident Toni Brunner muss sich wegen seiner parlamentarischen Immunität nicht verantworten.

Nachtrag zum Artikel «Die Banalität des Rassismus» in WOZ Nr. 19/2015 .