RebellInnenrätsel: Sie widmete ihr Leben dem Wasser

Nr. 14 –

«Ich wusste nie, ob sie eine Magierin war, die Wissenschaft betrieb, oder eine Wissenschaftlerin, die Magie praktizierte. Aber sie glaubte an beides.» So schrieb Dennis Meadows, einer der AutorInnen der berühmten Studie «Die Grenzen des Wachstums» von 1972, nach ihrem Tod. Und es stimmt: Etwas Magisches umgab die US-amerikanische Chemikerin, die seit langem in der Schweiz lebte. In ihrer Jugend soll sie einmal, auf einer Luftmatratze schlafend, weit aufs Meer hinausgetrieben worden sein – mitten hinein in einen Haifischschwarm. Doch Delfine hätten sie sicher zurück zum Ufer geleitet.

Als hätten sogar die Meerestiere gewusst, dass sie wichtige Arbeit zu leisten hatte, die direkt mit ihnen zu tun hatte. Denn Wasser war ihr Lebensthema. Von 1970 bis 1999 forschte und lehrte sie am ETH-Wasserforschungsinstitut Eawag. Durch ihre Beschäftigung mit dem Wasser verstand sie früh, in welche Gefahr der bedenkenlose Umgang mit Chemikalien den Planeten brachte. Sie wurde zur Pionierin der Umweltbewegung und Verfechterin des Biolandbaus. In den siebziger Jahren arbeitete sie am einflussreichen Forschungsprojekt «Neue Analysen für Wachstum und Umwelt» (Nawu) mit, später engagierte sie sich für den WWF und die Schweizerische Energiestiftung.

Sie war es, die eine junge Frau namens Corine Mauch dazu inspirierte, Agrarökonomie zu studieren. «Deine Generation ist zu bahnbrechenden Erkenntnissen über die Grenzen des Wachstums und der Ressourcen gekommen. Was kann meine Generation noch beitragen?» Das habe sie die Forscherin einmal gefragt, erinnert sich die heutige Zürcher Stadtpräsidentin. Und bekam zur Antwort: «Implement it» – die Jungen sollten die Erkenntnisse anwenden.

Als Wasserspezialistin war sie international renommiert. Aber oft irritierte sie ihre WissenschaftskollegInnen. Dass Wasser viel mehr ist als eine chemische Formel, dass es Informationen enthalten kann, davon war sie überzeugt. Und im Ernst – was wissen wir schon über Wasser? In der Biologie wurden kritische Geister, die eindimensionale Theorien über die Funktion von Genen hinterfragten, jahrelang gemobbt; heute ist breit anerkannt, dass sie recht hatten. Vielleicht wird die Wasserforschung bald eine ähnliche Entwicklung durchlaufen.

Vergangenen November traf ich sie, als ich an einem Politischen Abendgottesdienst von solidarischer Landwirtschaft erzählte. Wir unterhielten uns lange, und ich nahm mir vor, endlich ein grosses Porträt zu schreiben. Doch im Januar starb sie unerwartet in ihrem 79. Lebensjahr.

Es ist die jüngst verstorbene Wasserforscherin Joan S. Davis (1937–2016) gesucht. Eine Gedenkseite wurde eingerichtet: www.rememberingjoandavis.wordpress.com