RebellInnenrätsel: Der ausdauernde Konspirateur
Die Eidgenossen würden ihnen zu Hilfe kommen. Ganz bestimmt. Sie hatten ja gerade wieder vorgemacht, wie man sich gegen Obrigkeiten wehrt, und den Habsburger Kaiser Maximilian I. im Schwabenkrieg besiegt. «Frei sein wie ein Schweizer», raunten sich die südwestdeutschen BäuerInnen zu. Zum Aufstand fehlte nur der Funke.
Dass das Feld gut vorbereitet war, dafür hatte ein etwa dreissigjähriger Leibeigener am Oberrhein gesorgt: Um 1470 in Untergrombach bei Bruchsal geboren, sammelte er seit einiger Zeit Mitglieder für einen Geheimbund um sich. Der Beitritt kostete nur fünf Vaterunser, fünf Ave Maria, einen Verschwiegenheitsschwur und ein kleines Entgelt. Doch das Programm hatte es in sich: Weder Zehnten noch Zinsen, weder Abgaben noch Zölle wollte man künftig bezahlen, Klöster sollten aufgehoben werden, Pfründe umverteilt. Auch wenn man den Kaiser und auch den Papst weiter anerkennen wollte: Radikaler konnte ein Umsturzplan nicht sein.
Die geistlichen und weltlichen Lehnsherren trieben es allerdings auch bunt zu jener Zeit. Inmitten von Missernten und Teuerung forderten sie immer neue, höhere Abgaben, sogar eine Verbrauchssteuer auf Lebensmittel führten sie ein. Zudem reglementierten sie die Allmend: Fischen, Jagen, Weiden, Holzeinschlag, alles wurde eingeschränkt. Ressourcenschutz, argumentierte die Obrigkeit, Willkür!, schimpften die BäuerInnen. An Zulauf mangelte es der Verschwörung nicht, denn auch Handwerker und Bürgerinnen waren entzürnt; sogar das Dorfpatriziat meuterte, da die Landesherren ihm die Gerichtsbarkeit entzogen.
Dreimal gelang es dem «wolberedten» Untergrombacher, die Empörung zu kanalisieren: 1502 in seiner Heimatregion, 1513 bei Freiburg, 1517 vom Breisgau bis ins Elsass. Dreimal wurde der Aufstand verraten. Jedes Mal gelang es dem «Musterkonspirateur» (so Friedrich Engels), vor der gnadenlosen Repression in die Schweiz zu fliehen – wo er dann ebenfalls verfolgt wurde: Einen Aufwiegler konnte man auch im vermeintlichen Bauernparadies nicht brauchen. 1524, als der grosse Bauernkrieg ausbrach, will man ihn noch einmal gesehen haben, agitierend, mit weissem Bart. Danach verlor sich seine Spur.
Wer war der legendenumwobene Bauernhauptmann, der mit dem Abbild eines Schuhs auf der Fahne sowohl dem Adel als auch dem Klerus das Fürchten lehrte und den sein Zeitgenosse Albrecht Dürer auf einem Holzschnitt verewigte?
Wir fragten nach Jodocus «Joss» Fritz (ca. 1470–?), dem Wegbereiter des Deutschen Bauernkriegs. Der Bundschuh genannte bäuerliche Schnürschuh wurde um 1500 zum Synonym für Verschwörung und Revolte. Empfohlene Lektüre: Thomas Adam, «Joss Fritz. Das verborgene Feuer der Revolution» (2013, Verlag Regionalkultur).