Agenda

Nr. 14 –

Petrograd einfach

Am 9. April 1917 fuhr Wladimir Iljitsch Lenin von Zürich aus in die Russische Revolution, wie es häufig heisst, in einem plombierten Eisenbahnwagen. Auch wenn das wohl nicht die vordringliche historische Frage ist: Was eigentlich heisst «plombiert»?

Eine kurze historische Recherche zeigt: Bis zur Schweizer Grenze fuhren Lenin und seine dreissig MitrevolutionärInnen im Bummelzug. Auf der Durchreise durch Deutschland nach Schweden fuhren sie nicht in einem abgeschlossenen, sondern in einem extraterritorialen Wagen. Niemand durfte ihn verlassen beziehungsweise kontrollieren. Die Grenze zum deutschen Wagenteil war mit weisser Kreide markiert. Die Deutschen unterstützten Lenins Durchfahrt, weil sie auf eine Destabilisierung Russlands hofften.

Viele weitere Fragen rund um Lenins Zug werden exakt hundert Jahre nach seiner Abfahrt im Zürcher Landesmuseum geklärt: Die HistorikerInnen Karl Schlögel, Beatrice Studer und Alexander Vatlin diskutieren über die Folgen des «Revolutionsschocks» für das 20. Jahrhundert. SchülerInnen beschäftigen sich mit der Bedeutung der Eisenbahn in der Sowjetunion. Und um 15.05 Uhr fährt ein Dampfzug ab, in dem das Theaterensemble Thorgevsky & Wiener das Stück «Zürich–Petrograd einfach» aufführt.

«Lenins Zug» in: Zürich Landesmuseum, So, 9. April 2017, ab 10 Uhr. Mehr Infos: www.revolution1917.ch.

Kaspar Surber

Ägyptischer Noise

Noise-Musik verweigere sich der Kommunikation, heisst es im Begleittext zu «Egyptian Females Experimental Music Session». Doch für dieses Album, hinter dem sich ein Kollektiv von sieben Frauen aus Kairo versteckt, trifft das nicht zu. Die acht Soundcollagen rufen Bilder im Überfluss hervor. Mal piepst und fiept es wie in einem Serverraum, dann wieder wähnt man sich in einer Fabrik, wo metallische Geräusche durch den Raum geschleudert werden. Irgendwann steht man inmitten einer grossen Menschenmenge. Stimmen überschlagen sich vor Erregung. Unweigerlich entfalten sich im Kopf die Bilder der ägyptischen Protestbewegung.

Auch der renommierte Klangkünstler Ahmed Basiouny ging damals in Kairo auf die Strasse, um für Meinungsfreiheit und Demokratie einzustehen. Er starb während des Aufstands. Sein Werk gilt als wichtige Inspirationsquelle für «Egyptian Females Experimental Music Session». So kann man dieses Album auch als Statement für die Ausdrucksfreiheit deuten. Live zu hören ist die Session nun auf einer Tour quer durch die Schweiz.

Egyptian Females Experimental Music Session in: Zürich OOR Saloon, So, 9. April 2017; in: Bern Reitschule, Frauenraum, Di, 11. April 2017; in: Düdingen Bad Bonn, Mi, 12. April 2017; in: St. Gallen Palace, Do, 13. April 2017.

Donat Kaufmann