Diesseits von Gut und Böse: Die Unsichtbaren

Nr. 19 –

Das Blutbad am Ende wäre gar nicht nötig gewesen – es ging schon so schrecklich genug zu und her im ARD-Krimi «Nachtdienst» am letzten Sonntag, einer Folge von «Polizeiruf 110». Damit meine ich nicht die Machart des Films – cineastisch betrachtet war er ein Genuss –, sondern den Inhalt.

Mit einer Nacht in einem fiktiven Münchner Altersheim zeichnete er laut diversen Medienkritiken ein realistisches Bild des «Pflegenotstands» in Deutschland: totale Unterbesetzung beim Personal, Reduktion auf allernotwendigste Massnahmen, Ruhigstellung durch Medikamente und Fixierung, einsam sterbende Menschen.

Es war tieftraurig. Nun hätte man sich damit trösten können, dass das deutsche und nicht Schweizer Verhältnisse sind, wenn nicht gleichentags die «NZZ am Sonntag» über das «Elend in den Altersheimen» berichtet hätte – jenen in der Schweiz: «Sie bekommen zu wenig Essen, werden mitten in der Nacht geduscht und mit Medikamenten ruhiggestellt.»

Im Film sagt ein Pfleger zu einem alten Bewohner: «Es interessiert keinen, wie es euch hier geht, ihr seid unsichtbar»; offenbar verschwinden die Alten auch hier vom Radar, sobald sie nicht mehr zu den umworbenen «Golden Agers» gehören.

Laut SRF-«Tagesschau» will das Rote Kreuz jetzt geeignete Flüchtlinge zu Pflegekräften ausbilden. Vielleicht werden dadurch ja beide Gruppen sichtbarer.