Was weiter geschah: Beratung für Strafgefangene

Nr. 42 –

Im vergangenen Frühling hat die Menschenrechtsorganisation humanrights.ch das Pilotprojekt «Beratungsstelle für Menschen in Freiheitsentzug» gestartet. Während zweier Tage pro Woche können sich Inhaftierte und deren Angehörige bei einer Telefonhotline melden. In einem Newsletter hat die Organisation nun Bilanz über die ersten sieben Monate gezogen.

Das Angebot wurde rege genutzt, insgesamt gingen rund siebzig Anfragen ein. Es sind ganz unterschiedliche Probleme, die die Häftlinge beschäftigen. Zum Teil sind es sehr praktische Fragen wie zum Beispiel: Hat jemand in Haft Anspruch auf Arbeit? Muss man akzeptieren, dass Besuch nur mit Trennglas erlaubt wird? Was kann man tun, wenn ein Urlaubsgesuch nicht bewilligt wird?

Die Beratungsstelle ist eine Reaktion auf die Tatsache, dass verurteilte Strafgefangene keineN PflichtverteidigerIn mehr haben, sobald ihr Verfahren abgeschlossen ist. Weil sie kein Geld haben, können sie sich danach keinen juristischen Beistand mehr leisten. Diese Lücke will das Projekt schliessen.

Überraschenderweise wird die Hotline nun aber auch oft von Personen kontaktiert, die in Untersuchungshaft sitzen: «Sie berichten von restriktiven Haftbedingungen und Orientierungslosigkeit», schreibt die Beratungsstelle. Oftmals hätten die Gefangenen kein Vertrauen in ihre PflichtverteidigerInnen, da es in den meisten Kantonen die Staatsanwaltschaft sei, die sie einsetze: «Hier besteht ein offensichtlicher Interessenkonflikt, da sich die anklagende Behörde ihren Gegenspieler gleich selbst aussuchen kann.» Hartnäckige AnwältInnen sind in der Regel nicht beliebt und bekommen deshalb von der Staatsanwaltschaft selten Aufträge zur Pflichtverteidigung. Die Angeschuldigten hätten aber während des Verfahrens kaum die Möglichkeit, die Pflichtverteidigung zu wechseln, konstatiert die Beratungsstelle.

Das Pilotprojekt beschränkt sich zurzeit auf den Kanton Bern und ist auf drei Jahre angelegt. Unterstützt wird es von den Demokratischen Juristinnen und Juristen der Schweiz sowie der Aktion der Christen für die Abschaffung der Folter. Die Beratungsstelle hilft den Ratsuchenden, steht ihnen juristisch so weit wie möglich bei, und die MitarbeiterInnen machen auch hin und wieder Gefängnisbesuche.

Allerdings ist die Finanzierung für die kommenden zwei Jahre noch nicht gesichert, das Fundraising sei schwierig, stellt die Beratungsstelle fest.

Nachtrag zum Artikel «Alltägliche Details, die wehtun» in WOZ Nr. 7/2017 .

Hotline: 031 301 92 75, dienstags und mittwochs von 9 bis 12 und von 14 bis 17 Uhr.