Diesseits von Gut und Böse: Das Mutprobencasting

Nr. 47 –

In der Schweiz gibts jede Menge mutige Menschen. Sie retten Ertrinkende aus reissenden Flüssen und Ohnmächtige aus brennenden Häusern, gründen Kinderheime in fernen Ländern, prangern öffentlich Missstände an und spenden – wos nottut – auch mal ein entbehrliches Organ wie eine Niere.

Aus einer Gruppe Mutiger lässt der «Beobachter» jedes Jahr seine LeserInnen eine Person wählen, die mit dem Prix Courage ausgezeichnet wird. Der diesjährige Gewinner, ein äusserst sympathischer junger Mann, erzählte auf Tele Züri: Er war nachts aufgewacht, weil er Schreie gehört hatte, realisierte, dass ein Mann eine junge Frau angriff, warf sich Kleider über, rannte auf die Strasse, geriet mit dem Täter in ein Handgemenge, verfolgte und überwältigte ihn. Wie im Film.

So sei er erzogen, sagte der junge Mann, er müsse helfen, und der Moderator wurde nicht müde zu wiederholen, wie schade es sei, dass so wenige in unserer Gesellschaft eingriffen, hoffentlich nähmen ihn viele Leute zum Vorbild.

Ich aber sage euch: Tut es nicht! In jedem Gewaltpräventionskurs für Jugendliche ist die Hauptbotschaft: Ruft, schreit, macht Krach, ruft die Polizei, aber mischt euch nicht ein – ihr bringt euch nur selbst in Gefahr.

Natürlich gönne ich dem jungen Mann das Preisgeld, von dem er übrigens einer Mitkandidatin was abgeben will. Er ist eben wirklich ein Held.