RebellInnenrätsel: Die sandinistisch-subversive Romantikerin

Nr. 47 –

War es eine kluge Entscheidung, mit achtzehn zu heiraten und die perfekte Ehefrau zu geben? Zwischen Wickeltisch und Country Club, wo sich allsamstäglich die jungen Mütter der Oberschicht zum Kaffeeklatsch trafen, kam sie um vor Langeweile. Dabei lag so vieles im Argen in Nicaragua, und der seit dreissig Jahren regierende Somoza-Clan erstickte jede Opposition mit roher Gewalt. Mit 21 wechselte sie heimlich die Seiten und schloss sich der Sandinistischen Nationalen Befreiungsfront (FSNL) an.

Bereits als Kind hatte die 1948 in Managua geborene Tochter aus gutem Haus für die siegreichen kubanischen Revolutionäre geschwärmt. Ihre katholische Erziehung und die verbreitete Furcht vor den «gefährlichen Kommunisten» liessen die Begeisterung jedoch bald schwinden. Gehorsam besuchte sie in Madrid eine von Nonnen geführte Oberschule, dann ging sie in die USA, um in Philadelphia eine einjährige PR- und Journalismusausbildung zu absolvieren (gegen ein Medizinstudium hatte der Vater votiert), heiratete und bekam ihr erstes Kind.

Danach war aber Schluss mit Folgsamkeit. 1970 veröffentlichte sie erste Gedichte, die, wie sie erklärte, aus ihr herauspurzelten wie «Kaninchen aus dem Zylinderhut». Doch mit den erotischen Botschaften ihrer Lyrik sorgte sie im erzkatholischen Nicaragua für Empörung.

Dass sie als Kundschafterin und Kontaktfrau der im Untergrund operierenden SandinistInnen schiessen lernte, Strategen und Waffen chauffierte und Material gegen das korrupte Regime zusammentrug, kam erst 1975 ans Tageslicht, als sie nach einer spektakulären Aktion der FSNL untertauchen musste. Wegen subversiver Tätigkeit zu sieben Jahren Gefängnis verurteilt, fand die «Klassenverräterin» dann Zuflucht in Mexiko und Costa Rica, wo sie unermüdlich für die sandinistische Revolution warb.

Erst 1979, nach dem Sturz von Anastasio Somoza, kehrte sie – inzwischen Mutter dreier Kinder – nach Nicaragua zurück. Sie übernahm in der neuen Regierung die Presse- und Medienarbeit und baute das internationale Solidaritätsnetz aus, um einen Einmarsch der USA zu verhindern. Bis sie den Machismo der Politkader nicht mehr ertrug und sich ganz dem Schreiben widmete.

Wie heisst die mit unzähligen Literaturpreisen ausgezeichnete Befreiungsaktivistin, die etliche Sympathien verspielte, als sie sich im Jahr 1986 ausgerechnet in einen «Gringo» verliebte?

Wir fragten nach der nicaraguanischen Schriftstellerin und Freiheitskämpferin Gioconda Belli (*1948). In zweiter Ehe mit einem US-Amerikaner verheiratet, lebt sie heute in Managua und Los Angeles. Zu ihren bekanntesten Werken zählt der Roman «Bewohnte Frau» von 1988. 2001 erschien ihre Autobiografie «Die Verteidigung des Glücks».