Im Affekt: Wenn der Freisinn auf die Strasse geht

Nr. 3 –

War das eine Demo? Nicht doch, sie nannten es einen «antipessimistischen Mittagsspaziergang», dabei wirkte es mehr wie ein unfreiwilliger Vorbote der Fasnacht. Aber sie haben sich zünftig Mühe gegeben im internen Kampagnenmalkurs, die guten Leute von der FDP des Kantons Zürich. Fröhlich purzelten die bunten Lettern über blauem Grund, und natürlich durfte auch der neckisch erigierte Pfeil beim letzten Buchstaben nicht fehlen: «Alles wird gut» war nur eins der vielen handgemalten Schilder, die die Bürgerlichen zum Wochenstart durch Zürichs Strassen trugen, mehr oder minder stilecht dem einstigen Wandbild an der besetzten Wohlgroth-Fabrik nachempfunden.

Ein Sakrileg? Ach was. Politische Kommunikation ist ja mitunter Glückssache, die Aneignung subkultureller Codes sowieso. Und schöner hätte die FDP ihre strategische Ratlosigkeit gar nicht auf den Punkt bringen können. Wollen sich die Bürgerlichen mit der Wohlgroth-Parole als Antiaufwertungspartei in Stellung bringen? Als rechtsalternative Front für mehr Hausbesetzungen im Kanton gar? Oder noch bestürzender: Haben sie sich am Ende gar nichts dabei gedacht? Wollten sie mit ihren handgemalten Parolen gar kein politisches Zeichen setzen, sondern einfach mal die kreativen Früchte aus ihrem Teambuilding-Malwochenende auf dem urbanen Laufsteg präsentieren?

Der Fragen sind viele, klar ist einzig: Wer den öffentlichen Grund sonst lieber für Parkplätze freihalten will, verliert halt leicht die Übersicht, wenn man sich daselbst plötzlich beim Demonstrieren versucht. So etwas will schliesslich gelernt sein, aber irgendwie ist es ja noch herzig, wenn sich jetzt auch der Freisinn für ein bürgerliches «Reclaim the Streets» ordentlich zusammenrottet. Doch was uns wirklich traurig stimmt für die FDP: Haben die denn gar keine Ironie in der Partei von Finanz und Wirtschaft? Sonst hätten sie aus Wohlgroth-Zeiten ja doch wenigstens das «Zureich»-Schild abgemalt und durch die Gassen getragen.

Laut gut unterrichteten Quellen wird sich die FDP nach den Wahlen dann mit einem antioptimistischen Nachtspaziergang trösten.