LeserInnenbriefe

Nr. 3 –

Keine Revolution

«Sachbuch: Sie wollen keine armen Würmchen sein», WOZ Nr. 1/2018

Die RechtswählerInnen seien also nicht irrational, sagt die US-Soziologin Arlie Russell Hochschild. Sie verwenden bloss eine andere Tiefengeschichte. Kürzlich wollte ich in einem Betrieb, wo Bildungs- und IQ-Hintergrund nicht durchwegs hoch sind, die Tatsache diskutieren, dass die Pensionskasse BVK ihre Rentenversprechen im Jahr 2017 knapp halbiert hatte (in meinem Fall von knapp 2000 auf 1000 Franken pro Monat) und trotzdem keine Revolution ausbreche. Die Antwort lautete: «Unsere Renten müssen eben knapp halbiert werden, weil Leuthard all unser Geld ins Ausland und nach Afrika verschenkt.» Diese Erklärung stimmt haargenau mit der Tiefengeschichte von Hochschild überein.

Die Mächtigen werden bewundert, weil sie Macht haben. Wenn das Volk ohnmächtig ist, kann es sich nicht selber bewundern. Weil es sich aber selber bewundern will, sucht es sich Felder (besser vielleicht: letzte Reservate), wo es noch über Macht verfügt. Gegen Rentenhalbierungen, Krankenkassen und Wohnungsmieten kann ich sowieso nichts unternehmen, aber dem linken Staatsfernsehen meine 400 Franken pro Jahr streichen, das kann ich.

Und wenn dann die CüplisozialistInnen kommen, mich überstimmen und das linke Staatsfernsehen doch noch retten, dann hasse ich diese CüplisozialistInnen halt genauso sehr wie dieses ganze AsylantInnenpack und all diese fremden RichterInnen in Brüssel. Nicht auf diese Tiefengeschichte angewiesen sind die MilliardärInnen. Vielleicht ist Christoph Blocher ganz im Geheimen einer der letzten LinkswählerInnen.

Urs Egli, Zürich

Diktion der US-Regierung

«Proteste im Iran: Das Regime ist nicht reformierbar», WOZ Nr. 1/2018

Was soll die folgende Aussage der Journalistin Nina Fargahi in ihrem Interview mit der Exiliranerin Shirin Ebadi: «Es ist allgemein bekannt, dass die Islamische Republik im internationalen Terrorismus eine tragende Rolle spielt (…)»?

Das ist die Diktion der US-amerikanischen Regierung, die mit allen Mitteln ihre jahrzehntelange Unterstützung des islamistischen Fundamentalismus zu kaschieren versucht, indem sie bei jeder Gelegenheit den «Kampf gegen den Terrorismus» heraufbeschwört, obwohl es gerade die USA, ihre Nato-Verbündeten und die Saudis sind, die ideologisch, finanziell, logistisch und mit Waffenlieferungen die von ihnen angeblich bekämpften Gruppierungen unterstützen. Dabei handelt es sich pikanterweise ausschliesslich um Sunniten.

Das «Verdienst», im internationalen Terrorismus eine tragende Rolle zu spielen, dürfen wohl in erster Linie die USA für sich beanspruchen. Der US-Boykott gegen den Iran hat mit den Ölinteressen der USA (und Britanniens) zu tun, während die Menschenrechtsfrage lediglich als beschönigender Vorwand dient. Sonst gäbe es nämlich keine Waffenlieferungen nach Saudi-Arabien und Israel und keine militärische Einmischung in Syrien. Die ölproduzierenden Staaten wurden von jeher als strategische und wirtschaftliche Interessensphäre der USA definiert. «America first» galt schon lange vor Donald Trump. Dass uns die westlichen Mainstreammedien ein anderes Narrativ vorsetzen, ändert nichts an diesen Fakten.

Peter Flubacher, Basel