Diesseits von Gut und Böse: Spaziergänger mit Hunden

Nr. 24 –

Am Gymnasium in Langenthal hat man den Schülerinnen ein Merkblatt mit Kleidungsempfehlungen verteilt: Es sei «aufgefallen, dass jetzt, in der wärmeren Jahreszeit, Einblicke gewährt werden, die wir lieber vermeiden möchten», schrieb die Schulleitung, es geschehe «zu Ihrem eigenen Schutz und aus Respekt gegenüber anderen». Vorlage dazu war das Merkblatt einer deutschen Schule, doch es gibt einen entscheidenden Unterschied: Das Original richtete sich an Mädchen und Knaben, in Langenthal hat man den männlichen Teil kurzerhand abgeschnitten. Viele Schülerinnen – siebzehn- bis zwanzigjährige junge Frauen – finden das sexistisch.

In Interviews betonte die Rektorin, bisher habe es keine übergriffigen Vorfälle gegeben, und es gehe auch nicht um die Mitschüler, sondern, wie sie auf 20min.ch konkretisierte, «öpper wo hie mit em Hund durelauft und sich es Bild macht und dänkt, a dere Schuel isch alles erloubt». Auf nau.ch ergänzte sie, dass es für die Schule das Unangenehmste wäre, wenn irgendwo einem Lehrer der Vorwurf gemacht würde, er hätte «e Schüelerin beläschtiget oder i dem Sinn sexistisch betrachtet oder eso … so wiit wette mers nöd lo choo».

Nun ist ja nichts dagegen einzuwenden, dass an manchen Orten eine bestimmte Bekleidung erwartet wird, doch die unausgesprochenen Botschaften stossen sauer auf. Gemeint ist: Die Schülerinnen kleiden sich wie Prostituierte, und auf dass nicht der Trieb mit dem Manne durchgehe, muss der weibliche Körper bedeckt werden.

Nicht nur aus meiner Zeit als Lehrerin weiss ich übrigens: Auch junge Männer können sehr schnuckelig aussehen.