LeserInnenbriefe: Zwei Männer und eine Frau

Nr. 41 –

«Politik des Begehrens: Sex ist kein Sandwich», WOZ Nr. 40/2018   

«Gibt es ein Recht auf Sex?» war in der WOZ das Thema der Woche, und auf mehr als vier Seiten hat eine Autorin das Thema abgehandelt. Aber was ist der langen Rede kurzer Sinn? Hat die Autorin eine Idee, wie das Problem, dass es viele Männer ohne Partnerin gibt, zu lösen sei? Nein. Wie eine Gesellschaft aussehen müsste, in der es keine Vergewaltigungen gäbe, kann sie nicht sagen. Ausserdem wäre es sinnvoll gewesen, auch die Gegenfrage zu stellen: Gibt es ein Recht der Frau auf Sex? Die Antwort kann nur sein: Ja. Im historischen Kontext zeigt sich aber, dass es jahrhundertelang in westlichen (monogamen) Gesellschaften viele Frauen (und nicht nur Nonnen) gab, die ihr Leben lang abstinent sein mussten. Wie ich in meinem Buch «Patriarchat und Bevölkerungsgeschichte» (Köln 2018) gezeigt habe, gab es früher, in Zeiten eines schnellen demografischen Wachstums, immer einen Frauenüberschuss auf dem Heiratsmarkt, und deshalb mussten viele Frauen ledig und wegen der herrschenden Moral auch enthaltsam bleiben. Heute ist es umgekehrt: Die (einheimische) Bevölkerung schrumpft, und es gibt einen Männerüberschuss auf dem Partnermarkt. Deshalb können die Frauen bei der Partnerwahl wählerisch sein, und Männer erleben es öfter, dass sie abgewiesen werden. Das kann ein Grund für zunehmende Gewalt an Frauen sein. Durch Gesetze und harte Strafen kann diese Gewalt nie vollständig verbannt werden. Also, was ist zu tun? Hilfreich wären Beziehungen zwischen zwei Männern und einer Frau. Die patriarchalische Doppelmoral, die Untreue nur den Männern erlaubte, würde damit überwunden.

Helmut Knolle, Wohlen bei Bern

Ich muss ein wenig meine Verzweiflung loswerden. Da habe ich mich also redlich bemüht, den Artikel von Frau Srinivasan zu verstehen und den eigentlichen philosophischen Beitrag, die «Take home»-Message sozusagen, herauszuschälen. Immer wieder stolperte ich über die Tatsache, dass ja nun schon wieder die Optik irgendeiner anderen «sexuellen Spezialität» eingenommen wird. Zuletzt habe ich beschlossen, dass mein IQ wohl doch nicht ganz ausreicht.

Aber nun mal sachte: Ist es wirklich so kompliziert? Ist nicht einfach klar, dass es kein Recht auf «Verwöhntwerden» gibt, das ich bei irgendjemandem einfordern könnte? Ist es nicht wirklich klar, dass in der Frage, von wem wir uns angezogen fühlen, Präferenzen am Werk sind? Ist das schon Rassismus? Wenn ich mich von Lesben und Schwulen nicht besonders angezogen fühle, sondern vielmehr einfach von meinem Gegengeschlecht, heisst das dann wirklich, dass ich diese Leute ablehne? (Antwort: Nein! Ich bin froh, dass auch sie heute leichter glücklich werden können.)

Bin ich ein simplifizierender Mensch, wenn ich sage: Ein Nein ist ein Nein? Oder bin ich ein solcher, wenn ich sage: Wenn Mann oder Frau mit Mann oder Frau nach einer Party ins Hotelzimmer des jeweils anderen geht, sei dies eine Ansage – oder zumindest eine Aussage? Ein Nein bleibt auch in dieser Situation ein Nein – und eine Vergewaltigung bleibt eine Vergewaltigung. Aber ist es das Gleiche, wie wenn jemand auf der Strasse in einen Hauseingang gezerrt wird?

Damit das Nachdenken nach der Lektüre dieser Zeilen weitergehen kann, nenne ich weder Jahrgang noch Geschlecht.

B. Flückiger, per E-Mail