LeserInnenbriefe

Nr. 48 –

Ohne Autobahn

«Biel ist und bleibt laut», WOZ Nr. 44/2018

Eine Autobahnschneise soll durch Biel geschlagen werden. Meine Prognose: Das Projekt wird nicht realisiert. Schon 1959 gab es konkrete Pläne für eine Autobahn quer durch Biel, aus Richtung Solothurn Richtung Bielersee. Als Hochbauzeichnerlehrling zeichnete ich damals an einem Einfamilienhaus in Biel-Mett. Direkt neben diesem Haus mussten wir eine steile Böschung zur Autobahn hinauf berücksichtigen, eine vierspurige Strasse von Biel-Mett Richtung Stadt war damals geplant. Wir dachten: Ein solches Wohnhaus neben der Autobahn sollte man nicht bauen. Das Einfamilienhaus wurde gebaut, aber die Autobahn später nicht.

Heinrich Frei, Zürich

Keine Tierprodukte

«Agrarpolitik: Volle Kraft in keine Richtung», WOZ Nr. 47/2018

Gut, dass die WOZ die «klimaschonende» Agrarpolitik 22+ des Bundes als völlig wirkungslos kritisiert. Sie schlägt aber ein Konzept vor, in dem immer noch Tierprodukte hergestellt würden. Dabei gibt es genug Hinweise, dass Fleisch-, Milch- und Eierproduktion bis über 50 Prozent der ganzen Klimaerwärmung ausmachen. Da wäre es nur logisch, dass ganz zu Ackerbau hin tendiert würde. Nicht nur das Klima hätte viel davon, auch jene, die am stärksten ausgebeutet werden: Die Nutztiere würden endlich vom Joch des Daseins als reine Produktionsmaschinen befreit.

Renato Werndli, Eichberg

Integrierende Bewegung

«100 Jahre Landesstreik: Ein Programm für heute», WOZ Nr. 45/2018

Herzlichen Glückwunsch für die WOZ: Euer Programm kann dem Programm des Oltener Aktionskomitees 1918 die Stange halten!

Ein neues Politprogramm hat womöglich noch einen viel dramatischeren Hintergrund als den von 1918: Denn der real existierende (Neo-)Kapitalismus ist im Begriff, das für menschliches Leben nötige Klima und eine ehemals vielfältige Biosphäre als Grundlagen des Lebens zu zerstören. Die Kommandeure der Konzerne fällen ihre Entscheidungen noch immer ohne die existenziellen Interessen der aktuellen und erst recht ohne die der zukünftigen Generationen. Zuoberst stehen ihre ohnehin schon immensen Profite. Die Kluft zwischen Arm und Reich und die Zahl der prekär lebenden Menschen werden weltweit grösser.

Ohne Zweifel, um die Sache voranzubringen, braucht es Einzelreformen wie nach eurem Programm. Im gleichen Zuge muss die alte, Katastrophen heraufbeschwörende Ordnung ersetzt werden durch das demokratische Prinzip im Wirtschaftssektor. Natürlich stellen wir uns sofort die Frage, ob und wie die Megaforderung zu erreichen ist. Die Links- und Grünparteien fürchten, ihre WählerInnen könnten zu wenig Verständnis aufbringen. Deshalb muss gleichzeitig gesellschaftlich Bewegung gemacht werden. Wir leben auf einem der privilegiertesten Flecken Erde und sind vorbestimmt, damit zu beginnen. Mit den vielen Gruppen mit Spezialthemen und den engagierten Kulturschaffenden inklusive der WOZ. Das starke Symbol einer neuen integrierenden Bewegung könnte sein: die autonome Deklaration des Menschenrechts auf umfassende Demokratie im Wirtschaftssektor, also im Kernbereich der Kultur.

Bruno Unternährer, Rotkreuz

Beide Geschlechter beteiligt

«Geschlechterverhältnisse: Weiche Männer braucht die Welt», WOZ Nr. 47/2018

Für den Verfasser des Artikels heisst Gewalt in Partnerschaften und Familien nur Gewalt von Männern an Frauen oder Kindern. Eine kurze Recherche in den Statistiken des Bundesamts für Statistik zeigt, dass im Jahr 2017 in der Schweiz bei den Betroffenen von Gewalt in Partnerschaften 76,3 Prozent Frauen und 23,7 Prozent Männer waren. Bei der Gewalt an Kindern sind es zu 36,7 Prozent Frauen und zu 63,3 Prozent Männer, die beschuldigt wurden. Eigentlich genügend hohe Anteile, die es schon fast tendenziös erscheinen lassen, nur von der Gewalt von Männern an Frauen zu sprechen.

Der Schluss und die reisserische Überschrift «Weiche Männer braucht die Welt» greifen da ziemlich kurz. Häusliche Gewalt ist nie zu beschönigen, aber die einfache Schuldzuschreibung an Männer bringt keine Lösung. Meiner Ansicht nach braucht es nicht weiche Männer, sondern verantwortungsvolle Männer und Väter, die Gleichwertigkeit in der Partnerschaft leben und Mut haben, dafür einzustehen, aber sehr wohl stolz sein können auf ihre Männlichkeit. Das schliesst Verletzlichkeit nicht aus. Aber auch Mut, Risikobereitschaft, Klarheit, Empathie gehören dazu. Das sind alles andere als weiche Eigenschaften.

Und es braucht auch die Frauen und Männer, denen bewusst ist, dass bei häuslicher Gewalt immer beide Geschlechter beteiligt sind. Das fehlt in der Diskussion in den Medien total. Neben körperlicher Gewalt existiert auch die psychische, nur kann diese selten so klar bewiesen werden. Da würde die prozentuale Verteilung zwischen den Geschlechtern wahrscheinlich eher ausgeglichen aussehen.

Christoph Sturzenegger, St. Gallen