Im Affekt: Mamma mia, let me go!

Nr. 2 –

Zum Glück gibt es Rami Malek: Man will gar nicht aufhören, ihm zuzuschauen, wie er Freddie Mercury verkörpert, wie er sich auf und neben der Bühne bewegt, wie er singt, tanzt, stolziert. Sein Golden Globe als bester Schauspieler: absolut verdient. Der Golden Globe für «Bohemian Rhapsody» als besten Film: leider nicht so sehr. Ja, es ist schön zu sehen, wie begeistert der titelgebende Song «Bohemian Rhapsody» (vielleicht) aufgenommen wurde, ja, die Konzerte, ja, die Kostüme. Aber sonst? Dieser Film ist eine mit zweifelhafter Moral angereicherte, halb erzählte Geschichte von Queen und so, in anderen Worten, eine Frechheit.

«Bohemian Rhapsody» folgt einem Schema: Wir sehen Freddie Mercurys schnellen Aufstieg, seinen tiefen Fall und schliesslich seine «Rettung». Den Erfolgen des Ausnahmetalents mit der Band Queen folgt der Absturz – Partys, Drogen, Exzess und nicht zuletzt promiskuitive Homosexualität. Bald wird klar: Dieser Lebensstil ist unvernünftig, verwerflich und der Grund, warum sich Mercury mit HIV angesteckt hat. Und er kann Mercury selbst auch keinesfalls Spass gemacht haben. Als leidend und einsam wird er dargestellt, der nicht aus dem Unglück rauskommt, obwohl der Rest von Queen seine Ausschweifungen missbilligt. Die übrigen Bandmitglieder haben Ehefrauen und Kinder und sind deshalb am Partyleben nicht interessiert. Das entspricht, erstens, nicht der Realität und lässt einen, zweitens, vermuten, die Phase des Exzesses hänge damit zusammen, dass Mercury schwul ist. Symptomatisch ist auch, dass der sonst stark auf Musik fokussierte Film auf den Hit «Don’t Stop Me Now» verzichtet. Als würde es der Film Mercury absprechen, während der ganzen Zeit dabei je «a good time» gehabt zu haben.

Sex hat Mercury im Film übrigens keinen. Fast noch schlimmer ist allerdings, dass die Phase, in der er seine Homosexualität entdeckt, einfach übersprungen wird. Wir wissen nur: Anfangs war es irgendwie schwierig, und dann kommt es irgendwie gut. Denn zum Schluss dann die Rettung: Mercury kehrt zurück zu seinen Bandmitgliedern, entschuldigt sich, spielt sein legendäres Konzert am Live Aid im Wembley, findet die Liebe seines Lebens. Denn so ist Schwulsein in Ordnung: in einer funktionierenden, monogamen Beziehung.

Der Film, so der Kritiker der «New York Times», sei offenbar darauf angelegt, dass ja nichts davon in Erinnerung bleibe. Ist er deshalb so erfolgreich, weil man ihn mehrmals schauen muss?