Im Affekt: Viele mittelmässige Schwänze

Nr. 6 –

Wenn sogar Knackeboul deine Mutter fickt, dann ist es wieder so weit: Die Schweizer Rapszene trifft sich zum jährlichen Stelldichein: «An welchem Punkt steht die Rapszene Schweiz? Die Antwort gibts am ‹Virus Bounce Cypher›», schreibt SRF auf seiner Website, und die Antwort war nach knapp sieben Stunden da: Offensichtlich an einem Tiefpunkt.

An einem Cypher treffen RapperInnen aufeinander, die zu diversen Beats Freestyle rappen. Am Virus Cypher ist der Freestyle nicht vorgeschrieben, die Parts müssen aber exklusiv sein. In den letzten Jahren sorgte dieser Cypher immer wieder für Aufruhr, etwa als er 2016 den damals sechzehnjährigen Nemo auf einen Schlag berühmt machte. Die Hoffnung, auch dieses Jahr neue Talente zu entdecken, wurde in sieben Stunden teils unterirdischer Parts weitgehend enttäuscht. Mit einigen Perlen dazwischen, das schon. Lo von Lo & Leduc zum Beispiel hat bewiesen, dass er lange vor «079» mal ein Rapper war – und was für einer! Frauen waren wie immer kaum dabei, dafür eine geballte Ladung Testosteron: Die Fluchwortstatistik von SRF bringt zutage, dass die drei am meisten verwendeten Fluchwörter «ficken», «Bitch» und «Muschi» waren – wobei man sich schon fragen kann, warum diese, vor allem «ficken» und «Muschi», überhaupt als Fluchwörter kategorisiert werden. Sind das nicht eigentlich schöne Dinge? Aber egal, die Stossrichtung ist auf jeden Fall klar.

Sicher kann man argumentieren, wenn man denn unbedingt will, dass das nun mal Battle-Rap sei und dass dann eben hartes Geschütz aufgefahren werde. Nur braucht es vielleicht auch da etwas mehr Kreativität. Oder anders gesagt: Wenn der hundertste G mit seinem sicken Dick die Bitches fickt, wirds irgendwann langweilig.

Am Ende lässt sich das ganze Trauerspiel in einem Satz zusammenfassen: Mittelmässige Männer rappen mittelmässige Parts. Als eine der wenigen Frauen rappte Steff la Cheffe denn auch treffend: «So viu Schwänz i däm Cypher / i gloub i schwänze dr Cypher.»

Support your local hip-hop heroines! Ausser Steff La Cheffe waren da: Miss C-Line, 11Ä, Naomi Lareine, Soukey, KimBo und La Nefera.