Im Affekt: Wie auf dem Pausenplatz

Nr. 8 –

Die Verleihung der Swiss Music Awards 2019 war erst ein paar Minuten jung, da dachte man schon, es könne nicht noch schlimmer kommen: Moderator Stefan Büsser stand in heruntergelassener Hose auf der Bühne und präsentierte seinen Slip mit Schnäbischutz im Design eines Unihockeyballs. Die Latte des Humors war gelegt in dieser Veranstaltung, die sich rühmt, die grösste Musikpreisverleihung der Schweiz zu sein.

«Musik machen hat in den letzten zehn Jahren für mich geheissen, Spass haben mit meinen besten Freunden», sagte Mimiks von der Hip-Hop-Gruppe 041. Hinter ihm präsentierten sich seine Freunde allerdings ziemlich spasslos in cooler Gangsterpose und mit finsteren Blicken, und ein besonders krasser Typ mit Sonnenbrille knabberte an einer Birne. Unweigerlich fühlte man sich in die längst vergangene Zeit auf dem Pausenplatz zurückkatapultiert.

Vorpubertär ging es auch bei der Moderation weiter: Da durfte ein klugscheissender Junge auftreten und dem Moderator «Büssi» etwas Text abnehmen. Als er nach dem Auftritt von Stress verschwunden war, meinte «Büssi», zweideutig grinsend, er habe dem Jungen die Sängerinnen von Stress vorgestellt. Diese waren die ersten Frauen, die auf der Bühne zu sehen waren. Reden durften sie allerdings nicht. Das kam dann aber noch: In der Laudatio für die wunderbare Gruppe Black Sea Dahu zählte die Journalistin Nina Mavis Brunner auf, was die Sängerin der Band alles mache: Unter anderem räumt sie die Bühne nach den Konzerten selber auf. Die stolzen Hausfrauen von Härz riefen ins Mikrofon, dass sie alle Mamis seien, und Pascale Bruderer fragte sich bei ihrer Lobrede auf Sina, die als erste Frau überhaupt den Outstanding Achievement Award erhielt, wie es sein könne, dass ein Mensch so viele soziale Botschaften platziere und «trotzdem niemanden stört und nicht aufsässig rüberkommt».

Die Antwort, liebe Frau Bruderer: Dieser Mensch muss eine Frau sein. Denn bei einem Mann würde sich gar niemand diese Frage stellen.

Ein Hauptsponsor war übrigens Proviande. Ein Wunder, dass nicht noch jemand eine Wurst zeigte.