Im Affekt: Scheiss auf alles ausser auf mich

Nr. 11 –

Soll man sich für den jungen Mann jetzt fremdschämen oder ihn um seine Ignoranz beneiden? Der wuchtige Trap-Beat hallt noch durchs Hallenstadion, als er über den langen Steg nach hinten schlurft, seine akustische Gitarre holt und sie auf dem Bühnenboden zerschmettert. Aus der Konserve dudelt ein belangloses Gitarrensolo, und er sagt: «Thank you fucking much.» Zur Gitarre, die er mit dem Computerspiel «Guitar Hero» zu spielen gelernt hat, verhält sich seine Scheiss-auf-alles-Musik genauso kannibalisch wie zum Hip-Hop. Willkommen in der Welt von Post Malone, dem lächerlichsten Popstar der Gegenwart.

Pardon, Rockstar natürlich! So heisst jedenfalls der letzte Song dieses Abends, den wir mit 13 000 schreienden Teenies verbringen, die Videos über Snapchat verschicken. Dass es hier um Musik geht, behauptet «Rockstar», der viertmeist gestreamte Song auf Spotify, nicht einmal – von «Sex, Drugs and Rock ’n’ Roll» bleibt nur «fuckin’ hoes and poppin’ pillies». Und natürlich der Sexismus: In den wüstesten Zeilen wird eine Gewaltfantasie mit einer Minderjährigen formuliert, der die Zahnspange herausgerissen und die geschlagen wird, bis sie auf Spanisch schreit: «Nicht weiter.» Alles scheissegal eben.

Doch wir dürfen Post Malone nicht überschätzen. Wenn er wirklich so nihilistisch wäre, wie er vorgibt, könnte das ja sogar noch etwas Subversives haben. Aber wenn man in zwei, drei seiner Shows reinschaut, merkt man: Hier ist nichts zufällig oder spontan, die Ansagen sind teilweise Wort für Wort identisch. Post Malone erzählt zum Beispiel von seinen «haters», die nie an ihn geglaubt und ihn fertiggemacht hätten, doch jetzt hat er x-fach Platin, und alle finden ihn toll.

Was wir hier im Hallenstadion eigentlich feiern sollen, ist nur etwas: den Erfolg von Post Malone. Und ein bisschen auch den Kapitalismus: «Ihr alle seid etwas Spezielles, ihr alle könnt es schaffen!»

Am sympathischsten an Post Malone ist, wie er Geld ausgibt: Er bezahlt zum Beispiel einen Typen, damit der ihm auf Abruf einen Biertrichter in den Mund steckt.