Im Affekt: Jositsch und der Wolf

Nr. 40 –

Der Aufwand für Wahlvideos kennt in diesem Jahr keine Grenzen. Die SVP hat sogar eine richtige Serie gedreht, die aber kaum jemand schaut. Zumindest ärgert sich niemand öffentlich über sie, was bei SVP-Werbung ja ein Maximalversagen ist. Vielleicht schauen aber auch einfach alle einen anderen Clip. Einen bescheideneren, der wieder einmal deutlich macht, dass Independentkino auch bei Wahlen immer gut kommt: Jositsch und der Wolf.

Darin steht SP-Ständerat Daniel Jositsch vor einem Gebüsch und spricht die merkwürdigen Worte: «Alle Leute haben gerne Wildtiere, aber die meisten haben sie gerne im Fernsehen oder in Kenia auf der Safari.» Und im Herbst auch gerne auf dem Teller – aber Jositsch geht es nicht um Reh oder Hirsch: «Ich glaube, auch in der Schweiz hat es Platz für Wildtiere. Ich setze mich deshalb dafür ein, dass der Wolf in seine alte Heimat, die Schweiz, zurückfindet.»

Wie um Himmels willen kommt Rechtsprofessor Jositsch auf den Wolf? Spricht er verklausuliert über seinen Kontrahenten Roger Köppel, der ihn gerade wegen seiner zahlreichen Mandate angreift? Oder redet Jositsch von sich selbst als Wolf im Schafspelz? Als Sozialdemokrat hat er sich zuletzt für eine harte Hand bei Ausschaffungen ausgesprochen. Oder macht er am Ende gar Werbung für den Zürcher Stadtrat Richard Wolff? Der kandidiert ja auch für den Nationalrat, auf dem letzten Listenplatz der AL.

Alles falsch, wie die Parlamentsprotokolle zeigen. Jositsch hat sich tatsächlich mit dem richtigen Wolf beschäftigt. In der Ratsdebatte über eine Walliser Standesinitiative, die den Wolf zum Abschuss freigeben wollte, hat er auch die Sache mit Kenia ausgeführt: «Wenn die Kenianer auf die Idee kämen, alle Löwen abzuschiessen, weil sie gefährlich sind, würden wir sagen, das sei eine Sauerei, der WWF solle eingreifen usw. Aber bei uns: Amseln und Spatzen, alles andere bitte im Zoo.»

Da hat er recht, der Jositsch. Und wir haben endlich den Grund gefunden, ihn zu wählen.

Apropos kultige Videos zu Wildtieren in Zürich: Einfach auf Youtube «Verreis! Verreis!» eingeben.