#digi: Twittern allein reicht nicht

Nr. 43 –

War das jetzt ein Social-Media-Wahlkampf? Das Digital Democracy Lab (DigDemLab) der Universität Zürich hat das digitale Treiben der KandidatInnen über Wochen beobachtet. Es schaute sich die konventionelle Medienpräsenz an und verglich sie mit der Multimediapopularität auf Facebook, Twitter oder Instagram. Ende letzter Woche publizierte das Lab seine Ergebnisse über den «multimedialen Wahlkampf».

Doch erst jetzt, nach den Wahlen, lässt sich beurteilen, was es den KandidatInnen gebracht hat: Der absolute Überflieger bezüglich Popularität in der digitalen wie konventionellen Mediensphäre war gemäss der Studie Roger Köppel. Zwar hat dieser im Kanton Zürich unter allen KandidatInnen für den Nationalrat die meisten Stimmen geholt, bei den Ständeratswahlen hat er jedoch ein relativ schlechtes Resultat eingefahren.

Ganz böse hat es indes Kampftwitterer Claudio Zanetti erwischt: Der Zürcher SVP-Nationalrat wurde abgewählt. Sein Zürcher Parteikollege René Truninger war auf den digitalen Kanälen sogar noch präsenter als Zanetti; geholfen hat ihm das nicht, er wurde nicht gewählt.

In der Analyse des DigiDemLab tauchen noch andere unbekannte Social-Media-Kanonen auf, die in den Nationalrat wollten. Keiner hat es geschafft.

Der einzige Neunationalrat, der eine hohe Social-Media-Popularität hatte, ist Andri Silberschmidt von der Zürcher FDP. Er warf den alten Haudegen Hans-Ulrich Bigler, Direktor des Gewerbeverbands, aus dem Rat. Das dürfte allerdings weniger mit Silberschmidts digitaler Präsenz zu tun haben als vielmehr an Biglers altertümlich ruppiger Art liegen.

Twitter sei ein Instrument, das vor allem NewcomerInnen sehr gut bespielen könnten, konstatierte das DigDemLab vor den Wahlen. Dort zeige sich eine «Demokratisierung» der Aufmerksamkeit: «Auch ohne Amt kann sich jede und jeder Aufmerksamkeit verschaffen.» Der Realitätstest widerspricht: Ständiges Gezwitscher bringt einen in der kleinräumigen Schweizer Wahllandschaft nicht ins Parlament. Da braucht es mehr Inhalt und mehr echte Nähe.