Im Affekt: Unkompliziärt und ehrlich
«Härzlich Willkommä», wird man auf der Website der Zürcher «Huusbeiz» begrüsst. Und in diesem Ton gehts weiter: «Es därf jetzt unkompliziärti und ehrlichi Wohlfühlgastronomie gnossä wärde. Spiis & Trank chunt sältä us wiiter Färni.» Und es ist sofort klar: Nicht nur «Spiis & Trank» sind von nah, sondern auch die GastronomInnen müssen hiesige sein, begrüssen sie uns doch ganz unkompliziert auf Schwyzerdütsch. Sodass wir SchweizerInnen uns gleich wie zu Hause fühlen. Doch während eine Karte mit Speisen aus der Region ja durchaus Appetit macht, ist das mit der geschriebenen Mundart so eine Sache: Es wird relativ schnell ungeniessbar. Nicht nur wegen der furchtbar vielen Äs, sondern auch, weil diese Schreibweise auf Exklusivität pocht: Sie biedert sich bei Gleichsprechenden an und schliesst gleichzeitig all jene aus, die der Mundart oder des ausgewählten Dialekts nicht ganz so mächtig sind.
Doch auch wer in der Mundart ganz daheim ist, fühlt sich von deren inflationärem Gebrauch düpiert. Das Problem ist, wie wir aus einem ganzseitigen Interview im «Bund» mit dem Autor und Mundartspezialisten Christian Schmid erfahren: «In der Mundart gilt heute: Anything goes.» Und das findet Herr Schmid nicht gut, denn: «Ich bin in einem Haushalt aufgewachsen, in dem die Mutter ihren Dialekt sehr gernhatte. Wenn ich ‹Mariiechäferli› gesagt habe statt ‹Himugüegeli›, hat die Mutter gesagt: ‹Bei uns im Berndeutschen heisst das immer noch Himugüegeli.› Oder ‹Butter› und ‹Anke›, dort bin ich korrigiert worden.»
Da kann Herr Schmid vielleicht hoffnungsvoll in den Aargau schauen: Dort hat vor fünf Jahren nämlich das Stimmvolk beschlossen, dass im Kindergarten nicht mehr Hochdeutsch, sondern nur noch Dialekt gesprochen werden darf. «Rüebli statt Karotten» war der Slogan, mit dem die Schweizer Demokraten für die Initiative weibelten – mit der sie offensichtlich bis in die Zürcher Gastronomieszene hinein erfolgreich waren.
Übrigens weiss die «Huusbeiz» auch: «Di chli Schwiiz isch ganz gross – wänns ums Ässä gaht!»