Im Affekt: Zu faul für Karriere?

Nr. 47 –

Eigentlich möchte Thomas Sevcik gerne eine Frau sein – eine Schweizer Frau. Schliesslich hat er es gern bequem. Und Schweizer Frauen hätten es sich halt schon «sehr bequem eingerichtet» in ihrer «Opferrolle», wie Sevcik im «NZZ am Sonntag Magazin» schreibt. Diese «feministisch-getünchte Inaktivität»! Diese «bornierte Passivität»! Verbreitet ist sie «bis tief in linke Sphären» – und das «auf Kosten der Allgemeinheit». Man bedenke bloss der Schweizer Frauen «Anspruch, auf Staatskosten äusserst gut ausgebildet zu werden», ihren «Luxus», «mehr Zeit für Kinder zu haben». Und «viel Zeit zum Rumfliegen» haben sie auch noch.

Jetzt der Thomas Sevcik, das selbsterklärte «mastermind» hinter dem «Thinktank» Arthesia und dem «Investmentvehikel» Xanadu Alpha: Kann er schon keine Schweizer Frau sein, so will er sich wenigstens als besserer Feminist versuchen. «Mehr Wille zur Macht», ihr lieben Schweizer Frauen – auf in die Teppichetagen, entscheidet, entscheidet rund um die Uhr! Der Kapitalismus schläft nie, die Digitalisierung ebenso wenig. Teilzeitarbeit ist was für Loser, die «repetitive oder gar kreative Arbeit» verrichten. Dem dient sich die Herrin über das «NZZ am Sonntag Magazin» gerne an: Entrüstet gibt sich Nicole Althaus ob all der angefragten Illustratoren, die sich weigerten, die Thesen von Sevcik zu gestalten. (Wahrscheinlich arbeiten die alle Teilzeit.) Das sei letztlich «frauenfeindlich» und befördere einen «Wiedereintritt in die selbst verschuldete Unmündigkeit».

Aufklärer Kant – wir wagen die Behauptung – hätte sich auf die Seite der Illustratoren geschlagen. Wirklich bequem ist nicht, seine Arbeitszeit auf Karriere, Kinder und gesellschaftliches Engagement zu verteilen. Wirklich bequem ist, sich gedankenlos dem Kapital(ismus) zu verschreiben. Kluge Köpfe hingegen haben den Mut, sich ihres eigenen Verstands zu bedienen – und das braucht nicht nur Mut, sondern auch Musse und Kreativität. Es lebe die Teilzeitarbeit!

Apropos Frauen flögen zu viel: Sevcik brüstete sich schon 2010 in der «Zeit» damit, jährlich 250-mal im Flieger zu sitzen.