#digi: Kampffeld Gesichtserkennung
Die EU-Kommission erarbeitet derzeit einen Masterplan zum Umgang mit künstlicher Intelligenz (KI). Letzte Woche fand ein internes Arbeitspapier dazu den Weg in die Öffentlichkeit. Es offenbart, dass die EU-Kommission zumindest temporär ein Verbot für Gesichtserkennung im öffentlichen Raum fordert – und dass die EU den Datenschutz erfreulicherweise als Kernpunkt im Umgang mit KI betrachtet. Das ist eine ganz bewusste Abgrenzung zu den Wirtschaftsmächten USA und China, die dem Datenschutz und den Freiheitsrechten weit weniger Geltung im KI-Bereich gewähren.
Die Debatte um Gesichtserkennung hat just am vergangenen Wochenende an Brisanz gewonnen. Die «New York Times» entlarvte die bisher unbekannte Clearview AI als «Firma, die wohl das Ende der Privatsphäre, wie wir sie kennen, bedeutet». Das US-Start-up hat offenbar eine Gesichtserkennungsapp entwickelt, die auf einer gigantischen Datenbank von drei Milliarden Porträtbildern aufbaut, die es von öffentlich zugänglichen Plattformen wie Facebook oder Youtube abgesaugt hat. Gemäss Clearview selbst nutzen bereits mehr als 600 Strafverfolgungsbehörden seine Dienste, laut «New York Times» habe das Start-up seine App zur Gesichtserkennung auch für private Sicherheitsfirmen lizenzieren lassen. Die Existenz von Clearview löste heftige Kritik aus. Eric Goldman, Kodirektor am High Tech Law Institute in Santa Clara, kommentierte: «Stellen Sie sich einen skrupellosen Sicherheitsbeamten vor, der damit Personen, die er attraktiv findet, stalken kann. Oder eine ausländische Regierung, die über die App versucht, Geheimnisse von Leuten auszugraben, um diese dann zu erpressen oder ins Gefängnis zu bringen.»
Der Eidgenössische Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragte (EDÖB) lässt auf Anfrage bezüglich Clearview ausrichten, er gehe davon aus, «dass die Daten nicht als rechtmässig beschafft geltend gemacht werden können». Der EDÖB rät Privaten wie Behörden in der Schweiz von der Bearbeitung von Daten ab, die durch Clearview bereitgestellt wurden. Er wird diesbezüglich an die Sicherheitsbehörden des Bundes gelangen. «Polizei- und Sicherheitsbehörden brauchen eine explizite Grundlage in der referendumsunterworfenen Polizeigesetzgebung, um Gesichtserkennung im öffentlichen Raum einzusetzen», so der EDÖB.