#digi: Viele neue Sterne am Himmel
Wer in den letzten Tagen den sternenklaren Nachthimmel bestaunte, wunderte sich vielleicht über eine merkwürdige Konstellation aus mehreren Satelliten. In Reih und Glied sausten sie durch Orion, Kassiopeia oder den Grossen Bären. Verantwortlich für das skurrile Spektakel ist das Projekt «Starlink» von Elon Musks Weltraumfirma SpaceX. Mit mehreren Tausend Satelliten will er in den nächsten Jahren einen flächendeckenden Internetzugang aus dem All aufbauen.
Bereits flitzen einige Hundert der 260-Kilogramm-Satelliten im tiefen Orbit um die Erde; monatlich werden es mehr. Bis 2022 sollen über 1500 davon ins All geschossen werden. Kosten: zehn Milliarden US-Dollar. Dann könnten wir uns überall auf der Welt ins SpaceX-Netz einklinken. Das hat natürlich Vorteile, etwa wenn man auf dem Kilimandscharo das Gipfelfoto sofort auf Instagram posten will. Im besten Fall könnte es auch einen freieren Internetzugang in autoritär regierten Gebieten ermöglichen.
«Starlink» ist dabei der prominente Auftakt zu einem neuen «space race». Diverse Technologiekonzerne haben bereits ihre eigenen Projekte für Internetzugang aus dem Orbit angekündigt – unter anderen Amazon mit der Satellitenflotte Kuiper. An der ETH Zürich wird daran geforscht, wie solche Satellitennetzwerke effizient betrieben werden können.
Während sich AstronomInnen um die zunehmende Lichtverschmutzung und Beeinträchtigung wissenschaftlicher Beobachtungen sorgen, müssen wir fragen: Wollen wir den Bau und Betrieb kritischer Infrastrukturen wirklich privaten transnationalen Konzernen überlassen? Insbesondere beim Internet handelt es sich – ähnlich wie bei Strom und Wasser – um eine Grundausstattung für die Teilnahme am Gesellschafts- und Arbeitsleben. Wer täglich mit Homeoffice und Homeschooling beschäftigt ist, merkt das gerade besonders deutlich.
Natürlich ist es gut, wenn mehr Menschen Zugang zum Internet und dessen Wissensschätzen erhalten, wobei mit Projekten wie «Starlink» natürlich auch unweigerlich neue Abhängigkeiten von mächtigen Technologiekonzernen entstehen. Und es ist fraglich, ob sich diese an Grundsätze wie fairen Zugang oder Netzneutralität halten. Sonnenklar hingegen ist, dass sie ihre Projekte nicht aus Goodwill betreiben – immerhin will Musk mit «Starlink» seine grössenwahnsinnigen Marsmissionen finanzieren.