RebellInnenrätsel: Selbstbewusste Maestra

Nr. 20 –

«Wäre ich ein Mann, ich weiss nicht, ob er so davongekommen wäre», empörte sie sich, als ein Kunde einen ihrer Entwürfe einfach von einem billigeren Atelier ausführen liess. Sie hatte es nicht leicht in diesem von Männern dominierten Metier. Dabei ging es der 1593 in Rom geborenen Künstlerin besser als den meisten anderen begabten Frauen, denen aufgrund ihres Geschlechts von vornherein jedes Talent abgesprochen wurde. Ihr Vater, in dessen Malerwerkstatt auch Caravaggio verkehrte, war stolz auf die Begabung seiner Tochter, unterrichtete und förderte sie.

Und so malte sie bereits mit siebzehn «Susanna und die Ältesten» – eine Bibelszene, in der sich eine junge Frau der Zudringlichkeit zweier alter Richter zu entziehen versucht – und legte dabei so viel Emotion in Haltung und Mimik der Protagonistin, dass spätere KritikerInnen persönliche Erfahrungen dahinter vermuteten (sicher nicht zu Unrecht). Als sie zwei Jahre später selbst als Vergewaltigungsopfer vor Gericht stand – in einem demütigenden Prozess, denn natürlich glaubte man ihr zunächst nicht –, bannte sie mit grosser Virtuosität die biblische Enthauptung des Holofernes auf Leinwand: eine ungewöhnlich blutige Inszenierung mit kraftvoll zupackenden Heldinnen, in deren Gesicht sich leise Genugtuung spiegelt.

Nach dem gewonnenen Prozess heiratete sie einen Freund (und Schuldner) ihres Vaters in Florenz, wurde am Hof Cosimos II. de’ Medici eingeführt und 1616 aufgrund ihres Talents in die Florentiner Akademie der Künste aufgenommen – als erste Frau überhaupt. Sie knüpfte wertvolle Kontakte, erhielt zunehmend Aufträge und brachte, während sie die Finanzlöcher ihres genusssüchtigen Mannes zu stopfen versuchte, fünf Kinder zur Welt. Am Ende aber musste sich die Familie der Gläubiger wegen nach Rom zurückziehen.

Als sie sich 1630 im brodelnden Neapel niederliess, war sie bereits eine international hoch geachtete Künstlerin und Inhaberin einer florierenden Werkstatt. Sie malte für Könige, Herzoginnen, Kardinäle und setzte dabei meist mythologische und biblische Szenen um, in deren Mittelpunkt starke Frauen standen. Wer war die mit rund sechzig Jahren verstorbene und danach jahrhundertelang übersehene Barockmalerin, nach der auf der Venus ein Krater benannt wurde und der die feministische Künstlerin Judy Chicago in ihrer Installation «The Dinner Party» ein Gedeck auflegte?

Wir fragten nach der italienischen Malerin Artemisia Gentileschi (1593 bis etwa 1654). Sie war die Tochter des römischen Malers Orazio Gentileschi, in dessen Werkstatt sie Modell stand, das Zubereiten der Farben und das Malen lernte. Sie gilt als berühmteste und schillerndste Malerin des Barock und war eine der wenigen Künstlerinnen, die von ihren Aufträgen leben konnten.