Im Affekt: Wie werden Denkmäler fachgerecht entsorgt?

Nr. 24 –

Tun wir bloss nicht zimperlich. Wer sich als Historiker oder Historikerin je in einem Archiv durch Schachteln mit staubigen Papieren geblättert hat, der oder die weiss: Geschichtsforschung ist immer auch Handarbeit. Ihr wichtigstes Werkzeug ist die Fussnote, die den entscheidenden Beleg anführt.

Doch bisweilen braucht es auch den Vorschlaghammer, um neue Sichtweisen zu eröffnen. So gesehen war es ein durchaus praktischer Forschungsvorgang, als DemonstrantInnen im britischen Bristol am Sonntag die Bronzestatue von Sklavenhändler Edward Colston vom Sockel holten: Mit zwei Seilen ins Wanken gebracht, stürzte sie unter lautem Applaus zu Boden. Die Protestierenden rollten Colstons Denkmal wie ein Fass durch die Strassen und versenkten es im Hafen.

Warum auch soll in einer multikulturellen Stadt des 21. Jahrhunderts ein Mann im öffentlichen Raum verehrt werden, der als Mitglied der Royal African Company für die Deportation von 80 000 SklavInnen verantwortlich war? Zustimmung zum Denkmalsturz gab es selbst von Bristols Labour-Bürgermeister Marvin Rees, dessen Vater einst aus Jamaika eingewandert war. «Die Statue war ein persönlicher Affront», meinte er. «Ich spüre keinen Verlust.»

Die Frage ist denn auch nicht, ob Denkmäler ihren Platz auf sicher haben sollen, schliesslich wird die Geschichte stets aufs Neue geschrieben. Die Frage ist vielmehr, wohin man mit all den Denkmälern soll, die ihre Sicht von oben herab verwirkt haben.

Der noch immer schönste Vorschlag dazu stammt aus Moskau. Dort wurden nach der Perestroika die Statuen aus allen möglichen Städten in den Park der Künste neben der Tretjakow-Galerie gekarrt. Da stehen jetzt all die Lenins und Stalins auf einer Wiese herum. So wichtig sie alle noch immer in die Gegend blicken, so lächerlich wirken sie in ihrer mehrfachen Ausführung. Befreiend ist das, und doch auch etwas befremdend. Als wollten die Körper aus Stein und Metall sagen: Ihr könnt die Geschichte schon neu schreiben, bloss verschwinden wird sie nie.

Und all die Eschers und Waldmanns in Zürich? Ab auf die Hardturmbrache mit denen! Das Stadion dort wird eh nie gebaut.