LeserInnenbriefe

Nr. 27 –

Einfach diskriminiert

«Lieber gleichberechtigt als später: Myriam Diarra, Biel», WOZ Nr. 26/2020

Ist das auf der letzten Seite, die Foto-Unterschrift, euer Ernst? Eine Frau of Color ist doppelt diskriminiert, wenn sie behindert ist, dreifach, wenn sie dazu noch lesbisch ist, vierfach? Dann gibt es also eine heimliche Normalfrau, nur einfach diskriminiert, weiss, nicht beeinträchtigt, heterosexuell, gebildet, einheimisch, Mittelstand etc.? Echt jetzt.

Dorothee Wilhelm, per E-Mail

Kerker Auto

«Die grosse Irrfahrt», WOZ Nr. 26/2020

Die Geschichte ist doch etwas gar bündnerisch. Legen wir doch die eidgenössische Brille ab, und schauen wir mit weiterem Blick, wie es sonst so wirkt auf der Welt, das Auto. Das erklärende Beispiel des weltweiten Zustands lieferten die Gilets jaunes im französischen Hinterland. Dort zeigte sich, dass, was früher der Brotpreis war, heute der Benzinpreis ist. Seine Erhöhung führte zum Aufstand. Warum? Weil das System die Autofahrer beschissen hat. Ihnen versprach das Auto die Freiheit. Du kannst überall wohnen, dir dein Hüsli leisten, dein Auto überwindet die Distanz. Du kriegst das Beste beider Welten, Arbeit und Vergnügen in der Stadt, Ruhe und Grün auf dem Land. Pendeln ist Freiheit. Jetzt sind sie dort, die Gilets jaunes. Leider hat man ihnen unterdessen den Regionalverkehr weggenommen, den sie nicht mehr benutzten. Und nun sind sie ohne Auto invalid, bewegungsbehindert. Sie sind die Gefangenen des Automobils. Die Gilets jaunes, die Autogefangenen, setzen an den Kreisverkehren andere im Auto Gefangene gefangen. Automobil, dein Name ist Kerker.

Benedikt Loderer, Biel

Kopftuchklischee

«Uns den Platz nehmen, der uns zusteht», WOZ Nr. 25/2020

Die Aktivistinnen von Foulards Violets sind bewundernswerte Querdenkerinnen, die es sicher nicht leicht haben. Leider endet der Artikel mit dem pauschalisierenden Zitat: «Dieses Gesetz macht Musliminnen unsichtbar und drängt sie in den Niedriglohnsektor, weil sie nicht in den öffentlichen Diensten arbeiten können.» Das zementiert dann doch wieder das Vorurteil, dass nur Muslimin ist, wer Kopftuch trägt, was für diese Gruppe (siehe Bild) offensichtlich nicht stimmt. Abgesehen davon ist jenseits des öffentlichen Dienstes nicht nur Niedriglohnsektor. Schade, dass Sie dieses Zitat für den Schlussabschnitt gewählt haben, es steht sehr im Widerspruch zum Rest des Textes.

Brigitte Sacker, per E-Mail